Ein ungeschönter Blick hinter die Kulissen der Tierindustrie

Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida. 
Mehr über das Projekt Petcaster

In dieser Episode des Podcasts "The Petfood Family" spricht Host Jan Dießner mit Dr. Aljosha Muttadi – einem Arzt, Podcaster, YouTuber und Aktivisten. Das Gespräch taucht tief in die emotional und ethisch komplexen Themen der industriellen Tierhaltung, des Veganismus und der gesellschaftlichen Verantwortung ein.

Die zentralen Themen sind die schockierende Realität in deutschen Schweineställen, die psychologischen Mechanismen, die es Menschen ermöglichen, Tierleid auszublenden, und die systemischen Ursachen dieses Leids, die Dr. Muttadi vor allem im Kapitalismus verortet. Die Episode beleuchtet die Leitfrage: Warum halten wir an einem System fest, das im Widerspruch zu unseren eigenen Werten steht, und wie können wir einen Wandel herbeiführen? Dieses Gespräch ist für alle relevant, die sich für Tierrechte, Ethik und die Auswirkungen ihres Konsums interessieren - insbesondere für Tierhalter:innen, die die Beziehung zu ihren eigenen Tieren reflektieren möchten.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die Realität ist schlimmer als vorgestellt: Dr. Muttadi beschreibt seine Besuche in Schweineställen als traumatische Erlebnisse. Der Gestank, die Schreie und das sichtbare Leid der Tiere übertreffen jede Vorstellung und machen deutlich, dass das System nur funktioniert, weil es unsichtbar bleibt.
  • Kognitive Dissonanz als Schutzmechanismus: Viele Menschen leben in einem Widerspruch, indem sie ihre Haustiere lieben, aber gleichzeitig andere Tiere essen. Laut Muttadi ermöglichen psychologische Abwehrmechanismen wie Verdrängung oder Rechtfertigungen („Ich esse nur Bio“) diesen inneren Konflikt aufrechtzuerhalten.
  • Kapitalismus als Wurzel des Problems: Dr. Muttadi argumentiert, dass die industrielle Tierhaltung ein direktes Ergebnis eines kapitalistischen Systems ist, das auf maximale Effizienz und Profit ausgelegt ist. Tiere werden zu reinen Waren degradiert, deren Leid für den wirtschaftlichen Gewinn in Kauf genommen wird.
  • Jeder Kauf ist eine Abstimmung: Jeder Kauf von tierischen Produkten ist wie ein Stimmzettel, der das bestehende System unterstützt und einen Tötungsauftrag erteilt. Eine pflanzliche Ernährung ist der direkteste Weg, sich diesem System zu entziehen.
  • Das Problem der „Qualzucht“ bei Haustieren: Das Gespräch weitet den Blick auf Haustiere aus. Muttadi bezeichnet seinen eigenen Dackel Henry als „Qualzucht“ und macht deutlich, dass auch hier Tiere nach menschlichen Wünschen designt werden, was oft mit erheblichem Leid und gesundheitlichen Problemen verbunden ist.
  • Empathische Kommunikation ist der Schlüssel: Muttadi hat gelernt, dass ein vorwurfsvoller Aktivismus oft zu Abwehr führt. Er plädiert dafür, Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und anzuerkennen, dass die meisten in dieses System hineingeboren wurden und er selbst jahrelang Teil davon war.
  • Wir haben die Wahl, Tiere nicht: Der zentrale Leitsatz von Dr. Muttadi lautet: „We have a choice, animals don’t.“ Da wir nicht auf tierische Produkte angewiesen sind, liegt die Verantwortung bei uns, eine Entscheidung gegen das Leid zu treffen.

Die ungeschönte Realität: Einblicke in die industrielle Tierhaltung

Ein zentraler Ankerpunkt des Gesprächs sind Dr. Aljosha Muttadis direkte Erfahrungen in deutschen Schweineställen. Er schildert zwei Besuche: einen illegalen, nächtlichen und einen legalen, der tagsüber in Begleitung des Landwirts stattfand. Beide Erlebnisse beschreibt er als zutiefst erschütternd. Besonders prägend waren die Gerüche nach Ammoniak, die brennenden Augen und die ununterbrochenen Schreie der Ferkel. Muttadi erklärt, dass die Realität vor Ort weitaus schlimmer sei, als es Videos vermitteln können. Er sah Tiere mit gebrochenen Seelen, die von Geburt an nur Leid, Schmerz und Enge kannten.

Während des legalen Besuchs brach er emotional zusammen, weil er in den kleinen Ferkeln immer wieder seinen eigenen Hund Henry sah. Dieser Vergleich macht für ihn die Absurdität des Systems deutlich: Während er für seinen Hund alles tut - von Physiotherapie bis zu Winterkleidung - wird Schweinen für eine Scheibe Wurst das absolute Gegenteil angetan. Diese Diskrepanz zwischen der Liebe zu Haustieren und dem Konsum von sogenannten „Nutztieren“ bezeichnet er als Kern der gesellschaftlichen Verdrängung.

Psychologische Barrieren: Warum wir wegsehen und weitermachen

Auf die Frage, warum Menschen trotz des Wissens um Tierleid weiterhin Fleisch konsumieren, führt Aljosha Muttadi verschiedene psychologische Abwehrmechanismen an. Der erste Impuls sei das Wegsehen, da die Konfrontation mit der Wahrheit unbequem ist und eine Veränderung des eigenen Lebensstils erfordern würde. Er beschreibt, wie das menschliche Gehirn zahlreiche Rechtfertigungen entwickelt, um den Status quo beizubehalten:

  • Verdrängung: Das aktive Ignorieren der Zustände, um innere Konflikte zu vermeiden.
  • Normalisierung: Die Bezeichnung von Tieren als „Nutztiere“ schafft eine mentale Distanz und legitimiert ihre Tötung.
  • Bagatellisierung: Aussagen wie „Ich esse nur ganz selten Fleisch“ oder „Ich kaufe nur Bio“ dienen dazu, das eigene Gewissen zu beruhigen, ändern aber laut Muttadi nichts an der Tötung des Tieres.
  • Gegenangriff: Die Diffamierung von Veganer:innen als „extrem“ oder „militant“, um von der eigentlichen Thematik abzulenken (sog. „Derailing“).

Muttadi betont, dass er diese Mechanismen aus eigener Erfahrung kennt, da er selbst 27 Jahre lang ein „fleischverteidigender Pseudomacho“ war. Diese Selbsterkenntnis ermöglicht es ihm, verständnisvoller zu kommunizieren und Menschen nicht direkt anzugreifen.

Systemkritik: Kapitalismus als Motor des Tierleids

Für Aljosha Muttadi liegt die Hauptursache für das institutionalisierte Tierleid im Kapitalismus. Das System sei darauf ausgelegt, alles zu einer Ware zu machen und Profit zu maximieren. Menschlichkeit, Empathie und das Wohl von Lebewesen würden diesem Ziel untergeordnet. Die Massentierhaltung in ihrer heutigen Form sei nach dem Zweiten Weltkrieg entartet, als Fleisch von einer Luxusware zu einem billigen Massenprodukt wurde.

Er kritisiert, dass politische Entscheidungen oft von wirtschaftlichen Interessen und Lobbyismus (z. B. Agrar- und Autolobby) geleitet werden, anstatt ethische Grundsätze zu verfolgen. Politiker:innen wie Michaela Kaniber (CSU) würden in Debatten bewusst auf einer wirtschaftlichen Ebene bleiben und die ethische Dimension des Themas ausblenden. Diese Haltung, so Muttadi, schützt das Kapital, nicht die Lebewesen. Er beobachtet einen klaren Zusammenhang zwischen politischen Ideologien und der Haltung zum Tierschutz: Je weiter rechts eine Partei stehe, desto geringer sei das Interesse am Wohl der Tiere.

Das Leid im Wohnzimmer: Die Problematik der „Qualzucht“ bei Haustieren

Das Gespräch schlägt eine Brücke von den „Nutztieren“ zu den Haustieren und thematisiert das Problem der „Qualzucht“. Muttadi gibt offen zu, dass sein eigener Dackel Henry das Ergebnis einer solchen Zucht ist. Er erklärt, dass Rassen wie Dackel, Möpse oder Französische Bulldoggen gezielt auf äußere Merkmale gezüchtet werden, die bei den Tieren zu massivem Leid führen können.

An Henrys Beispiel verdeutlicht er die Konsequenzen: Henry leidet an Hautproblemen, einer Stoffwechselstörung, hatte bereits mehrere Operationen (u. a. an Zähnen und Blase) und hat als Dackel ein hohes Risiko für eine Lähmung. Diese Leiden seien eine direkte Folge davon, dass Menschen Tiere nach ihren ästhetischen Vorstellungen „designen“, ohne Rücksicht auf deren Gesundheit. Muttadi befürwortet daher ein Verbot solcher Züchtungen, auch wenn er seinen Hund über alles liebt. Er sieht darin eine weitere Facette des kapitalistischen Gedankens, Lebewesen als anpassbare Produkte zu betrachten.

Praktische Schritte zum Umdenken und Handeln

Basierend auf seinen Erfahrungen leitet Aljosha Muttadi konkrete Schritte ab, die jeder Einzelne unternehmen kann, um einen Wandel zu bewirken:

  1. Konfrontiere dich mit der Realität: Durchbreche die Mauer des Schweigens, indem du dir bewusst Dokumentationen über die Tierindustrie ansiehst. Nur wer hinschaut, kann die Notwendigkeit zur Veränderung verstehen.
  2. Reflektiere deine eigenen Werte: Frage dich ehrlich, ob dein Konsumverhalten mit deinen ethischen Überzeugungen, wie zum Beispiel deiner Liebe zu Tieren, übereinstimmt.
  3. Beginne den Wandel schrittweise: Du musst nicht von heute auf morgen perfekt sein. Beginne damit, deinen Fleischkonsum zu reduzieren, probiere eine vegetarische Woche oder entdecke pflanzliche Alternativen.
  4. Übernimm Verantwortung bei der Haustierwahl: Informiere dich kritisch über die gesundheitlichen Probleme von bestimmten Rassen. Unterstütze keine „Qualzuchten“ und ziehe stattdessen eine Adoption aus dem Tierschutz in Betracht.
  5. Nutze deine Stimme: Sprich mit deinem Umfeld über diese Themen, ohne vorwurfsvoll zu sein. Erkläre deine Beweggründe und teile dein Wissen.
  6. Sei politisch und gesellschaftlich aktiv: Wähle Parteien, die sich für Tierschutz starkmachen, und unterstütze Organisationen, die für die Rechte von Tieren kämpfen.

Hinweis: Diese Zusammenfassung wurde mit Hilfe von KI aus dem Transkript der Podcast-Episode generiert.
Alle Inhalte auf Petcaster beruhen auf öffentlich zugänglichen Podcasts aus der Hunde- und Haustierwelt. Wir fassen die Episoden nach bestem Wissen zusammen, übernehmen jedoch keine Gewähr für Vollständigkeit, Aktualität oder Richtigkeit der Inhalte. Die Rechte an den Original-Podcasts und -Inhalten liegen ausschließlich bei den jeweiligen Urheber:innen.