Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
Mehr über das Projekt Petcaster
In dieser Episode von "The Petfood Family" spricht Host Jan Dießner mit Jana Hoger, Fachreferentin für tierische Mitbewohner bei PETA Deutschland. Als ausgebildete tiermedizinische Fachangestellte und studierte Tierpsychologin verbindet Jan fundiertes Fachwissen mit unermüdlichem praktischem Einsatz. Sie gibt detaillierte Einblicke in ihre investigative Arbeit, bei der sie undercover gegen den organisierten, illegalen Welpenhandel vorgeht und Tierquälerei aufdeckt.
Die Hauptthemen umfassen die professionalisierten Strukturen des kriminellen Tierhandels, die emotionalen und physischen Gefahren ihrer Einsätze sowie das nachhaltige Tierschutzprojekt „PETA Helps Romania“. Diese Episode ist relevant für alle Tierhalter:innen und Tierschutzinteressierten, da sie die brutale Realität hinter vielen Online-Tierangeboten beleuchtet und aufzeigt, wie komplex und fordernd der Kampf für Tierrechte wirklich ist. Die Leitfrage lautet: Wie funktioniert der Kampf gegen organisierte Tierquälerei an vorderster Front und welche Strategien führen zu nachhaltigen Veränderungen?
Das Wichtigste auf einen Blick
- Illegaler Welpenhandel ist hochprofessionell: Kriminelle Händler haben ihre Methoden perfektioniert. Die Anzeigen wirken seriös, und die Preise für die Welpen sind oft so hoch wie bei seriösen Züchtern, was es für Laien extrem schwer macht, den Betrug zu erkennen.
- Online-Plattformen sind der Hauptumschlagplatz: Laut Jana werden allein auf den fünf größten deutschen Online-Portalen monatlich zwischen 17.000 und 20.000 Welpen angeboten, viele davon aus kriminellen und tierquälerischen Quellen.
- Investigative Arbeit ist gefährlich: Janas Einsätze, bei denen sie verdeckt ermittelt, sind oft mit Risiken verbunden. Sie berichtet von Händlern, die gewalttätig wurden oder bewaffnet waren. Eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei ist daher unerlässlich.
- Gesetzeslücken erschweren den Tierschutz: Selbst wenn Tiere beschlagnahmt werden, können Händler sie oft legal zurückfordern. Dies stellt eine enorme Belastung für Behörden, Tierheime und Tierschützer dar.
- Nachhaltiger Tierschutz braucht mehrere Säulen: Das PETA-Projekt in Rumänien zeigt, dass langfristiger Erfolg auf drei Pfeilern ruht: Kastrationskampagnen zur Populationskontrolle, Bildungsarbeit in Schulen zur Förderung von Empathie und politische Arbeit zur Schaffung besserer Rahmenbedingungen.
- Kaufe niemals ein Tier aus Mitleid online: Der beste Weg, dem illegalen Handel entgegenzuwirken, ist, die Nachfrage zu stoppen. Jana appelliert eindringlich, den Weg ins örtliche Tierheim zu gehen, anstatt Tiere über Online-Anzeigen zu kaufen.
Vom persönlichen Antrieb zur professionellen Tierschützerin
Janas Engagement für Tiere begann außergewöhnlich früh. Sie erklärt, dass sie bereits im Alter von vier Jahren beschloss, Vegetarierin zu werden, nachdem sie verstand, dass für eine Hühnersuppe ein Tier sterben musste. Dieser ausgeprägte Gerechtigkeitssinn prägte ihren weiteren Lebensweg. Nach dem Abitur und einer Zeit als Flugbegleiterin entschied sie sich für eine Ausbildung zur tiermedizinischen Fachangestellten. In der Tierarztpraxis wurde sie direkt mit den Folgen des illegalen Welpenhandels und der Qualzucht konfrontiert. Sie erlebte, wie kranke, ungeimpfte Welpen in der Praxis landeten und teilweise starben. Diese Erfahrungen bestärkten ihren Wunsch, nicht nur Symptome zu behandeln, sondern systemische Probleme anzugehen, was sie 2017 zu ihrer Position bei PETA Deutschland führte.
Der illegale Welpenhandel: Ein organisiertes Verbrechen
Jana beschreibt den illegalen Welpenhandel als ein hochentwickeltes, kriminelles Geschäft. Früher waren Betrugsanzeigen oft an schlechter Sprache oder extrem niedrigen Preisen erkennbar. Heute, so Jana, haben sich die Händler angepasst. Die Welpen werden für 1.500 bis 2.000 Euro angeboten und die Übergaben finden oft in extra angemieteten Wohnungen statt, um einen seriösen Eindruck zu erwecken. Die kriminellen Strukturen reichen von großen, organisierten Netzwerken bis hin zu kleineren Familienclans, die regelmäßig wenige Tiere über die Grenze bringen und verkaufen. Die Welpen selbst leiden enorm: Sie werden viel zu früh von der Mutter getrennt, haben meist keinen Impfschutz und sind durch den Transport geschwächt, was oft zu schweren Krankheiten wie Parvovirose und im schlimmsten Fall zum Tod führt.
Investigative Arbeit: Undercover gegen Tierquälerei
Ein Kernbereich von Janas Arbeit sind verdeckte Ermittlungen. Sie schildert, wie sie Kontakt zu Händlern aufnimmt und über Wochen Vertrauen aufbaut, um an Informationen zu gelangen. In einem besonders eindrücklichen Fall überführte sie eine Frau, die Dobermann-Welpen in ihren eigenen vier Wänden illegal die Ohren und Schwänze kupieren ließ. Nach wochenlanger Recherche gelang es ihr, den genauen Zeitpunkt des Eingriffs herauszufinden und eine Razzia mit der Polizei und einem SEK-Team zu koordinieren, bei der die Tiere gerettet werden konnten. Jana betont, dass diese Einsätze gefährlich sind und eine sorgfältige Planung und Absprache mit den Behörden erfordern. Ein großes Frustrationspotenzial liegt in der aktuellen Gesetzeslage: Oftmals haben Händler das Recht, ihre beschlagnahmten Tiere gegen Zahlung der Unterbringungskosten wieder aus dem Tierheim abzuholen, wodurch die Tiere zurück in den Kreislauf des Leids geraten.
Nachhaltiger Tierschutz in Rumänien: Das Projekt „PETA Helps Romania“
Neben ihrer Arbeit in Deutschland engagiert sich Jana stark für das Projekt „PETA Helps Romania“. Sie erklärt, dass der Fokus hier nicht auf der Vermittlung von Tieren nach Deutschland liegt, sondern auf der Schaffung nachhaltiger Lösungen vor Ort. Das Projekt basiert auf drei Säulen:
- Kastrationskampagnen: Mit einer mobilen Tierklinik werden Hunde und Katzen in ländlichen Gebieten kostenlos kastriert und medizinisch versorgt, um die unkontrollierte Vermehrung einzudämmen.
- Bildungsarbeit: Ein Team besucht Schulen und führt Tierschutzunterricht durch. Ziel ist es, bei Kindern früh Empathie und ein Bewusstsein für die Bedürfnisse von Tieren zu schaffen.
- Politische Arbeit: Das Team arbeitet eng mit Bürgermeistern und lokalen Behörden zusammen, um sie von nachhaltigen Tierschutzkonzepten zu überzeugen und illegale Verträge mit Hundefängern zu verhindern, die die Tiere in Tötungsstationen bringen.
Jana betont, wie wichtig die Zusammenarbeit mit einem rumänischen Partnerteam ist, um kulturelle Barrieren zu überwinden und auf Augenhöhe agieren zu können.
Die psychische Belastung und die Kraft der Hoffnung
Jan Dießner fragt, wie Jana es schafft, angesichts des täglichen Leids ihre positive Ausstrahlung zu bewahren. Sie gibt zu, dass die Arbeit emotional extrem belastend ist, insbesondere die Momente, in denen sie Tiere in furchtbaren Zuständen zurücklassen muss. Was ihr Kraft gibt, sei die Hoffnung, im Kleinen etwas verändern zu können und Teil einer größeren Bewegung zu sein. Die Freude über jedes gerettete Tier und die sichtbaren Erfolge ihrer Arbeit, wie in Rumänien, sind der Antrieb, der sie weitermachen lässt. Ohne eine positive Grundeinstellung und die Überzeugung, dass Veränderung möglich ist, wäre dieser Job, so Jana, nicht auszuhalten.
Praktische Schritte für angehende Tierhalter
- Verzichte auf den Online-Kauf: Kaufe niemals einen Hund oder ein anderes Tier über Online-Kleinanzeigen. Das Risiko, unwissentlich kriminelle Strukturen und Tierleid zu unterstützen, ist enorm hoch.
- Wähle die Adoption: Besuche dein örtliches Tierheim. Dort warten unzählige Tiere auf ein liebevolles Zuhause. Die Mitarbeiter:innen beraten dich ausführlich und stellen sicher, dass Tier und Mensch gut zusammenpassen.
- Melde verdächtige Angebote: Wenn du auf ein verdächtiges Angebot stößt, kaufe das Tier nicht aus Mitleid. Melde den Fall stattdessen dem zuständigen Veterinäramt oder einer Tierschutzorganisation wie PETA. Jeder Kauf finanziert das Leid weiterer Tiere.
- Informiere dich und dein Umfeld: Kläre Freunde und Familie über die Gefahren des illegalen Welpenhandels auf. Wissen und Bewusstsein sind die wichtigsten Waffen im Kampf gegen Tierquälerei.