Ellen Marques über Beziehungsarbeit, Tierschutz und die Psychologie im Hundetraining

Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida. 
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In dieser Episode von The Petfood Family spricht Moderator Jan Dießner mit der Hundetrainerin, Dozentin und TV-Expertin Ellen Marques. Bekannt aus Formaten wie „Dein perfekter Hund“, gibt Ellen ehrliche und direkte Einblicke in ihre Arbeit und ihre Philosophie. Im Gespräch am Kölner Rheinufer entfaltet sich eine tiefgehende Diskussion über die zentrale Bedeutung der Mensch-Hund-Beziehung, die oft unterschätzte Notwendigkeit von Grenzen und die ungeschönte Realität des Tierschutzes.

Diese Episode ist eine wertvolle Ressource für alle Hundehaltenden, die über reines Kommandotraining hinausblicken und eine authentische, faire und stabile Bindung zu ihrem Hund aufbauen möchten. Das zentrale Thema ist die Frage, warum die Beziehungsarbeit die Grundlage für jede erfolgreiche Erziehung ist und wie menschliche Verhaltensmuster direkt die Interaktion mit dem Hund beeinflussen.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Beziehung vor Erziehung: Eine stabile und faire Beziehung ist die Basis für erfolgreiches Hundetraining. Ein Hund, der dir vertraut und dich als sicheren Partner ansieht, wird eher kooperieren als einer, der aus Angst gehorcht.
  • Grenzen setzen stärkt die Bindung: Klare und fair kommunizierte Grenzen sind kein Widerspruch zu einer liebevollen Beziehung. Im Gegenteil: Sie schaffen Sicherheit und Respekt und zeigen dem Hund, dass du ein verlässlicher Sozialpartner bist.
  • Menschliche Analogien als Schlüssel zum Verständnis: Ellen Marques nutzt Vergleiche aus menschlichen Beziehungen, um Hundeverhalten verständlich zu machen. Das hilft Hundehalter:innen, die Perspektive ihres Tieres einzunehmen und ihr eigenes Handeln zu reflektieren.
  • Authentizität ist wichtiger als Perfektion: Trau dich, deinem Hund deine wahren Gefühle zu zeigen - auch wenn du mal einen schlechten Tag hast. Ein authentisches Miteinander ist für den Hund besser lesbar als eine aufgesetzte, inkonsequente Fassade.
  • Tierschutz als Realitätscheck: Ellens Erfahrungen in einer rumänischen Tötungsstation verdeutlichen die Dringlichkeit, bewusste Entscheidungen bei der Hundewahl zu treffen. Sie plädiert dafür, Tierschutzhunden eine Chance zu geben, anstatt unüberlegt Rassehunden den Vorzug zu geben.
  • Die Psychologie des Menschen: Oftmals spiegeln sich persönliche Unsicherheiten und Beziehungsmuster im Umgang mit dem Hund wider. Die Angst, die Liebe des Hundes zu verlieren, hindert viele daran, notwendige Grenzen zu setzen.

Vom Werbejob zur Hundetrainerin: Ein persönlicher Wendepunkt

Ellen Marques' Weg zur Hundetrainerin begann nicht auf dem Hundeplatz, sondern in einer Werbeagentur. Unzufrieden mit der oberflächlichen und fordernden Unternehmenskultur, entschied sie sich für einen Hund. Ihre Wahl fiel auf einen Boxer aus einer Arbeitslinie - eine Entscheidung, die sie ohne fundiertes Wissen traf. Der Hund war extrem anspruchsvoll, reizempfänglich und stellte sie vor enorme Herausforderungen. Erste Erfahrungen in Hundeschulen waren frustrierend und geprägt von veralteten, aversiven Methoden wie dem Bewerfen mit Ketten. Ellen erklärt, dass ihr Bauchgefühl ihr sagte, dass dies der falsche Weg sei. Dieser Wendepunkt führte sie zu den Seminaren von Martin Rütter, dessen Ansatz sie sofort überzeugte.

Die Philosophie der Beziehung: Mehr als nur Sitz, Platz, Fuß

Den Kern von Ellens Trainingsphilosophie bildet der Grundsatz: Beziehung kommt vor Erziehung. Sie kritisiert einen rein auf Kommandos und Gehorsam ausgerichteten Ansatz und betont stattdessen die Wichtigkeit einer tiefen, fairen Bindung. „Wenn ich keine Beziehung zu irgendwem habe, kann ich dem auch nichts befehlen“, erklärt sie. Ein Hund sollte Signale nicht ausführen, weil er Bestrafung fürchtet, sondern weil er seinem Menschen vertraut und die Kooperation als sinnvoll erachtet. Dieses Vertrauen wird durch Sicherheit, klare Regeln und faire „Deals“ im Alltag aufgebaut. Es geht um ein partnerschaftliches Miteinander, nicht um eine von oben herab diktierte Hierarchie.

Kommunikation auf Augenhöhe: Warum menschliche Analogien funktionieren

Um Hundehalter:innen die Perspektive ihres Hundes näherzubringen, nutzt Ellen bewusst Analogien aus der menschlichen Welt. Sie ist überzeugt, dass sie selbst das Hundetraining erst durch diese „Eselsbrücken“ vollständig verstanden hat. Ein Beispiel: Einen Hund nach dem Apportieren zur Belohnung zu tätscheln, obwohl er lieber weiterrennen würde, ist vergleichbar mit einer unerwünschten Massage während man gerade ein leckeres Essen serviert bekommt - es passt nicht in den Kontext. Diese Vergleiche, die sie auch in ihren Social-Media-Videos einsetzt, helfen Menschen, ihr eigenes Verhalten zu hinterfragen und zu verstehen, warum bestimmte Handlungen für den Hund keine Belohnung, sondern eine Störung darstellen. Genauso argumentiert sie beim Thema Grenzen: Einem Freund mit matschigen Stiefeln würde man auch klar sagen, dass er nicht auf die Couch soll, anstatt ihn mit einem „Lolly“ herunterzulocken.

Ein Weckruf aus Rumänien: Die ungeschönte Realität des Tierschutzes

Ein prägendes Erlebnis, das Ellens Haltung zum Thema Tierschutz nachhaltig veränderte, war eine Reise nach Rumänien mit ihrer Kollegin und Freundin Conny Sporrer. Dort besuchten sie eine Tötungsstation - eine Erfahrung, die sie als „Schock ihres Lebens“ beschreibt. Sie schildert die katastrophalen Zustände: Hunderte Hunde in Zwingern, tote Tiere, extreme Verhaltensstörungen und ein Gefühl völliger Hoffnungslosigkeit. Dieses Erlebnis machte ihr klar, wie privilegiert die Diskussion über die perfekte Rassewahl in Deutschland ist. Sie kann es kaum nachvollziehen, wenn Menschen aus trivialen Gründen auf einem bestimmten Rassehund bestehen, während unzählige Hunde in Sheltern auf ein Zuhause warten. Diese Erfahrung bestärkt sie in ihrer Mission, für mehr Bewusstsein im Tierschutz zu kämpfen.

Der Mensch am anderen Ende der Leine: Psychologie im Hundetraining

Im Gespräch wird deutlich, dass Hundetraining zu einem großen Teil Menschentraining ist. Ellen beobachtet häufig, dass die Beziehung zum Hund die allgemeinen Beziehungsmuster eines Menschen widerspiegelt. Insbesondere harmoniebedürftige Personen tun sich schwer damit, ihrem Hund Grenzen zu setzen, aus Angst, dessen Zuneigung zu verlieren. Dabei, so argumentiert Ellen, ist das Gegenteil der Fall: Ein Hund, der lernt, dass sein Mensch sich durchsetzen und für Sicherheit sorgen kann, gewinnt Vertrauen. Ein Mensch, der fair, aber klar seine Individualdistanz verteidigt, wird vom Hund als kompetenter Sozialpartner wahrgenommen. Es geht darum, dem Hund ein authentisches Gegenüber zu sein - mit guten wie mit schlechten Tagen - anstatt eine Rolle zu spielen, die auf Dauer nicht durchzuhalten ist.

Praktische Schritte für eine faire Mensch-Hund-Beziehung

  1. Reflektiere deine eigene Beziehungsfähigkeit: Analysiere, wie du in menschlichen Beziehungen agierst. Bist du klar, fair und setzt du Grenzen? Übertrage diese authentischen Prinzipien auf deinen Umgang mit dem Hund.
  2. Setze klare und faire Grenzen: Erlaube deinem Hund nicht, deine körperlichen oder persönlichen Grenzen zu überschreiten. Ein faires „Stopp“ (z.B. beim Anspringen) schädigt die Beziehung nicht, sondern schafft Respekt und Sicherheit.
  3. Sei authentisch, nicht perfekt: Dein Hund sollte dich als ganze Person kennenlernen dürfen. Es ist in Ordnung, auch mal gestresst zu sein oder Ruhe zu brauchen und dies dem Hund zu signalisieren. Authentizität ist für den Hund besser lesbar als eine künstliche Fassade.
  4. Hinterfrage Trainings-Automastismen: Frage dich kritisch, ob eine Anweisung (wie das „Sitz“ an jeder Straßenecke) in der jeweiligen Situation wirklich sinnvoll ist oder nur einem antrainierten Schema folgt. Konzentriere dich auf das, was für eure Sicherheit und Beziehung wirklich zählt.
  5. Informiere dich VOR der Anschaffung: Lass dich professionell beraten, bevor du dir einen Hund holst. Verstehe die ursprünglichen Zuchtziele einer Rasse und überlege ehrlich, ob du diesen Bedürfnissen gerecht werden kannst. Ziehe einen Hund aus dem Tierschutz als echte Alternative in Betracht.

📌 Themen und Herausforderungen

Hinweis: Diese Zusammenfassung wurde mit Hilfe von KI aus dem Transkript der Podcast-Episode generiert.
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