Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
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In dieser Episode des Podcasts Hundsfa(e)lle sprechen die Hosts Yvonne Nawrat und Mustafa Irmak über ein zentrales Thema für alle Familien mit Hunden: das sichere und harmonische Zusammenleben von Kindern und Vierbeinern. Sie geben wertvolle Einblicke, wie Eltern ihren Kindern die wichtigsten Verhaltensregeln im Umgang mit Hunden beibringen und sie darin schulen können, die Körpersprache der Tiere richtig zu deuten.
Die Episode richtet sich an Eltern, Ersthundehalter und alle, die regelmäßig mit Kindern und Hunden zu tun haben. Das Kernproblem, das behandelt wird, sind die häufigen Missverständnisse in der Kommunikation zwischen Kind und Hund, die zu Stress, Angst und im schlimmsten Fall zu Beißvorfällen führen können. Ziel ist es, durch Aufklärung und präventive Maßnahmen ein sicheres Umfeld für beide Seiten zu schaffen.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Respektiere den Rückzugsort: Jeder Hund braucht einen ungestörten Ruheplatz. Yvonne und Mustafa betonen, dass Kinder lernen müssen, diesen Ort (z. B. das Hundebett) absolut zu respektieren und den Hund dort in Ruhe zu lassen.
- Störe niemals beim Fressen oder Schlafen: Dies sind die sensibelsten Momente für einen Hund. Störungen können zu starkem Stress und Abwehrreaktionen wie Futterverteidigung führen.
- Nicht wegrennen: Mustafa erklärt, dass Weglaufen den Jagdinstinkt eines Hundes auslösen kann. Kindern sollte beigebracht werden, bei Unsicherheit oder einem aufgeregten Hund ruhig stehen zu bleiben und die Hände am Körper zu halten.
- Anzeichen von Stress erkennen: Eltern sollten ihre Kinder für die subtilen Signale eines Hundes sensibilisieren. Dazu gehören Gähnen, sich über die Nase lecken, den Kopf abwenden oder eine angespannte Körperhaltung.
- Wildes Spielen beaufsichtigen: Hektische Bewegungen und lautes Schreien von Kindern können Hunde extrem überreizen. Yvonne rät, solche Situationen entweder zu unterbrechen oder den Hund räumlich zu trennen, um eine Eskalation zu vermeiden.
- Kinder spielerisch einbeziehen: Anstatt nur Verbote auszusprechen, empfehlen die Hosts, Kindern die Hundesprache durch Rollenspiele oder das gemeinsame Betrachten von Bildern beizubringen, um Empathie und Verständnis zu fördern.
- Verantwortung schafft Beziehung: Die aktive Einbindung von Kindern in die tägliche Pflege des Hundes (füttern, bürsten, Wasser auffüllen) stärkt die Bindung und schult den verantwortungsvollen Umgang mit dem Tier.
Die Fünf Goldenen Regeln für Kinder
Yvonne und Mustafa stellen fünf grundlegende Regeln vor, die Kindern helfen, sich Hunden gegenüber sicher und respektvoll zu verhalten. Diese Regeln dienen als Basis für ein friedliches Miteinander.
- Den Hund nicht bedrängen: Kinder neigen dazu, Hunde fest zu umarmen oder plötzlich anzufassen. Die Hosts erklären, dass Hunde ihren persönlichen Freiraum benötigen. Kinder sollten lernen, den Hund nicht festzuhalten, an Ohren oder Rute zu ziehen oder ihn von hinten zu überraschen.
- Erst fragen, dann streicheln: Bevor ein Kind einen Hund anfasst, sollte es immer einen Erwachsenen um Erlaubnis fragen. Yvonne zeigt, wie man Kindern das richtige Streicheln beibringt: ruhige, ausstreichende Bewegungen von vorne nach hinten, anstatt auf den Kopf zu tätscheln.
- Ruhephasen respektieren: Ein Hund, der frisst oder schläft, darf nicht gestört werden. Mustafa hebt hervor, dass dies eine der wichtigsten Regeln ist, um Futterneid und Schreckreaktionen zu verhindern. Auch nach einem Spaziergang benötigen viele Hunde Zeit für sich.
- Ruhig bleiben bei wildem Spiel: Kinder, die rennen, schreien und toben, können Hunde stark aufputschen. Dies kann, wie am Beispiel der Hündin Erna gezeigt wird, zu unerwünschtem Verhalten wie Anspringen führen. Eltern sollten hier eingreifen und den Hund aus der Situation nehmen.
- Nicht weglaufen: Ein weglaufendes Kind wirkt auf viele Hunde wie ein Jagdobjekt. Mustafa rät dringend, Kindern beizubringen, stattdessen wie ein Baum stehen zu bleiben, die Hände ruhig am Körper zu halten und den Hund nicht direkt anzusehen, bis er das Interesse verliert.
Die Körpersprache des Hundes lesen lernen
Ein zentraler Punkt der Episode ist die Fähigkeit, die Signale eines Hundes richtig zu deuten. Missverständnisse entstehen oft, weil die nonverbale Kommunikation des Hundes nicht verstanden wird. Die Hosts erläutern die wichtigsten Anzeichen:
- Entspannung: Ein lockerer Körper, eine entspannt getragene oder sanft wedelnde Rute und eine weiche Muskulatur signalisieren Wohlbefinden.
- Unsicherheit und Stress: Anzeichen hierfür sind nach hinten gezogene Ohren, häufiges Lecken über Nase und Lefzen, Gähnen, Abwenden des Kopfes oder des gesamten Körpers und eine eingeklemmte Rute. Der fiktive Hund Rudi zeigt dieses Verhalten, wenn er sich bedrängt fühlt.
- Drohung und Anspannung: Ein fixierender Blick, ein steifer Körper, nach vorne gerichtete Ohren und eine steil aufgestellte Rute sind ernste Warnsignale. In solchen Momenten ist sofortiger Abstand geboten, da der Hund kurz vor einer offensiven Reaktion stehen könnte.
Yvonne betont, dass ein wedelnder Schwanz nicht immer Freude bedeutet. Die gesamte Körperhaltung ist entscheidend. Ein steifes, schnelles Wedeln kann auch ein Zeichen von hoher Anspannung sein.
Fallbeispiele: Die unterschiedlichen Hundetypen Erna und Rudi
Um die Theorie zu veranschaulichen, nutzen Yvonne und Mustafa zwei fiktive Hundecharaktere:
- Erna, die überfreundliche Labradorhündin: Sie liebt Kinder, wird aber durch deren Hektik und lautes Spielen schnell überdreht. Ihr Verhalten (wildes Herumhüpfen, Anspringen) ist zwar freundlich gemeint, kann aber für kleine Kinder schnell zu viel werden und muss von den Erwachsenen in ruhige Bahnen gelenkt werden.
- Rudi, der unsichere, vorsichtige Hund: Er braucht viel Abstand und fühlt sich durch Nähe schnell bedrängt. Seine Körpersprache (klein machen, Kopf wegdrehen, Rute einklemmen) signalisiert Unwohlsein. Ignoriert ein Kind diese Signale, könnte Rudi aus Angst ein Abwehrschnappen zeigen. Sein Beispiel unterstreicht, wie wichtig es ist, die Bedürfnisse eines sensiblen Hundes zu erkennen und zu respektieren.
Spielerische Lernmethoden für Kinder
Mustafa schlägt vor, Kindern die Hundekommunikation nicht durch strenge Verbote, sondern durch spielerische und empathische Methoden nahezubringen. Er stellt drei konkrete Ideen vor:
- Der „Hunde-Dolmetscher“: Ein Körpersprachen-Rätsel, bei dem Eltern hundetypische Signale wie Gähnen, Kopf abwenden oder mit dem Po wackeln vormachen. Das Kind darf raten, was der „Hund“ in diesem Moment fühlt.
- Rollenspiel „Sei selbst ein Hund“: Das Kind versetzt sich in die Rolle eines Hundes. Die Eltern nähern sich ihm auf unterschiedliche Weisen (langsam, hektisch, frontal). Anschließend beschreibt das Kind, wie es sich dabei gefühlt hat, um ein Gefühl für angenehme und unangenehme Annäherungen zu entwickeln.
- Visuelle Hilfsmittel: Bilderbücher, Poster oder Lernkarten zur Körpersprache von Hunden können helfen, das Gesehene zu veranschaulichen und zu festigen, besonders bei jüngeren Kindern.
Praktische Schritte für ein sicheres Miteinander
Um die besprochenen Inhalte direkt im Alltag umzusetzen, lassen sich folgende handlungsorientierte Schritte ableiten:
- Richte eine Tabuzone ein: Definiere einen festen Ruheplatz für deinen Hund (Körbchen, Decke in einer ruhigen Ecke) und erkläre deinem Kind, dass dieser Ort für den Hund heilig ist und es ihn dort niemals stören darf.
- Vermittle die Goldenen Regeln: Bringe deinem Kind die fünf wichtigsten Verhaltensregeln bei und wiederhole sie regelmäßig. Erkläre immer das „Warum“ hinter einer Regel, um Verständnis zu schaffen.
- Übersetze die Hundesprache aktiv: Kommentiere im Alltag das Verhalten deines Hundes. Sage zum Beispiel: „Schau mal, der Hund gähnt. Er ist müde und braucht jetzt seine Ruhe.“ So wird das Lernen zu einem natürlichen Prozess.
- Integriere dein Kind in die Hundepflege: Erstelle einen „Familienplan“, bei dem dein Kind altersgerechte Aufgaben übernimmt, wie den Wassernapf füllen oder beim Bürsten helfen. Yvonne nennt dies „Social Time“, die die Bindung stärkt und dem Kind beibringt, die Bedürfnisse des Tieres zu erkennen.
- Bleibe immer der Aufseher: Lasse Kind und Hund niemals unbeaufsichtigt. Greife frühzeitig ein, wenn du merkst, dass eine Situation für eine der beiden Seiten zu stressig oder überfordernd wird. Deine Aufgabe ist es, für Sicherheit und Harmonie zu sorgen.