Klara Kühne über Aggressionsverhalten, Beziehungsarbeit und die Hundetrainer-Szene

Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida. 
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In dieser Episode des Podcasts „The Petfood Family“ spricht Host Jan mit der Hundetrainerin Klara Kühne, Gründerin von Dracanis. Klara hat sich auf Aggressionsverhalten bei Hunden spezialisiert und teilt ihre tiefgehenden Einblicke, die weit über reine Trainingsmethoden hinausgehen. Sie beleuchtet, warum eine funktionierende Mensch-Hund-Beziehung das Fundament für jede Verhaltensänderung ist und warum die aktuelle Polarisierung in der Hundetrainer-Welt für viele Halter:innen mehr schadet als nützt.

Die Episode richtet sich an alle Hundehalter:innen, insbesondere an jene, die mit anspruchsvollen Hunden leben und nach nachhaltigen, alltagstauglichen Lösungen suchen. Die zentrale Frage ist: Wie kann man einem Hund mit Aggressionsverhalten wirklich helfen, indem man nicht nur am Symptom, sondern an der Wurzel des Problems arbeitet – der Beziehung zwischen Mensch und Hund?

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Aggression als Kommunikation: Klara Kühne erklärt, dass Aggression eine natürliche und wichtige Kommunikationsform des Hundes ist. Problematisch wird sie erst, wenn sie automatisiert abläuft, mit ernsten Beschädigungsabsichten einhergeht oder den Alltag von Mensch und Hund massiv einschränkt.
  • Beziehung ist die Basis: Der Kern von Klaras Arbeit ist die Mensch-Hund-Beziehung. Sie beschreibt diese als eine Art Eltern-Kind-Dynamik, in der der Mensch die verantwortungsvolle, anleitende Rolle übernimmt und dem Hund so Sicherheit und Orientierung gibt. Diese Beziehung wird im alltäglichen Miteinander geformt, nicht durch einzelne Übungen.
  • Die Lösung liegt beim Menschen: Unabhängig davon, wer oder was das Problemverhalten ursprünglich verursacht hat - die Lösung und die Fähigkeit zur Veränderung liegen immer auf der menschlichen Seite der Leine. Ziel des Trainings ist es, den Menschen handlungsfähig und souverän zu machen.
  • Konflikte bewusst wählen: Man muss nicht jede Auseinandersetzung mit dem Hund gewinnen. Klara plädiert dafür, bewusst zu entscheiden, welche Konflikte wichtig sind und welche durch kluges Management vermieden werden können. Dies reduziert Stress für beide Seiten und schont wertvolle Ressourcen.
  • Eine gesunde Balance ist entscheidend: Die Hundetrainer-Szene ist stark polarisiert zwischen „rein positiven“ Ansätzen und Methoden, die Korrekturen nutzen. Klaras Philosophie beruht auf einer ausgewogenen Kommunikation, die ein klares „Ja“ und ein ebenso klares „Nein“ beinhaltet.
  • Druck rausnehmen und Fehler erlauben: Niemand kann 24/7 perfekt sein, schon gar nicht im Umgang mit einem verhaltensauffälligen Hund. Es ist entscheidend, sich selbst Fehler zu erlauben und den Druck zu reduzieren, um mental gesund und handlungsfähig zu bleiben.
  • Vertrauen in die eigene Kompetenz: Bei Hunden, die bereits gebissen haben, geht es weniger um blindes Vertrauen in den Hund, sondern vielmehr darum, Vertrauen in die eigene Fähigkeit zu entwickeln, Situationen sicher zu managen und richtig zu reagieren.

Aggressionsverhalten: Mehr als nur ein „Problemhund“

Klara Kühne beginnt damit, den Begriff „Aggression“ zu entmystifizieren. Für sie ist es zunächst ein normales Kommunikationsmittel eines Hundes, um beispielsweise Distanz zu schaffen. Problematisch wird es, wenn dieses Verhalten die Lebensqualität einschränkt oder zur Gefahr für andere wird. Sie unterscheidet verschiedene Motivationen wie ressourcenbedingte, territoriale, sozial bedingte oder angstmotivierte Aggression. Allerdings warnt sie davor, Hunde in starre Schubladen zu stecken, da die Ursachen oft vielschichtig und gemischt sind. Ihr besonderes Interesse gilt der Ressourcenaggression, da diese ihrer Erfahrung nach selten direkt am verteidigten Objekt, sondern vielmehr an der zugrunde liegenden Beziehungsdynamik gearbeitet werden muss. Ein Hund, der Ressourcen verwaltet, hat oft das Gefühl, diese Verantwortung tragen zu müssen - eine Aufgabe, die eigentlich der Mensch übernehmen sollte.

Die Mensch-Hund-Beziehung als Fundament des Trainings

Das Herzstück von Klaras Philosophie ist die Beziehung zwischen Mensch und Hund. Sie vergleicht die ideale Dynamik mit der zwischen Eltern und Kind: Der Mensch hat aufgrund seiner Lebenserfahrung in der Menschenwelt einen „Kompetenzvorsprung“ und sollte daher die führende, anleitende und schützende Rolle einnehmen. Viele Probleme entstehen, so Kühne, weil die Beziehung auf Augenhöhe stattfindet, was den Hund dazu veranlasst, Verantwortung für Situationen zu übernehmen, denen er nicht gewachsen ist. Eine funktionierende Beziehung bedeutet, dass der Hund sich am Menschen orientiert und dessen Anleitung akzeptiert. Dies wird nicht durch starre Übungen erreicht, sondern durch authentisches, souveränes und konsequentes Verhalten des Menschen im gesamten Alltag. Ein Hund, der seinem Menschen die Verantwortung für Sicherheit und Management überlassen kann, hat laut Klara „relativ viel Spaß in seinem Leben“, weil er sich um weniger Dinge sorgen muss.

Klaras Coaching-Ansatz: Analyse, Verständnis und Handlungsfähigkeit

Klaras Trainingsprozess beginnt mit einer ausführlichen Anamnese und Verhaltensanalyse. Dabei geht es ihr nicht nur darum, das Problemverhalten zu beobachten, sondern auch den Alltag des Mensch-Hund-Teams zu verstehen, um alltagstaugliche Lösungen zu finden. Ein zentraler Punkt ist die Analyse der Beziehungsdynamik. In ihrem Intensivcoaching, das sich über zwei Tage erstreckt, ist das Ziel nicht, den Hund in kurzer Zeit „zu reparieren“. Stattdessen möchte sie den Halter:innen einen „vollen Werkzeugkoffer“ an die Hand geben. Sie sollen lernen, Konflikte zu verstehen, souverän zu agieren und handlungsfähig zu bleiben, selbst wenn der Hund einen Rückfall hat. Ein wichtiger Satz von ihr lautet: „Ein bewusstloser Hundehalter ist nicht handlungsfähig.“ Damit meint sie, dass Panik und Anspannung den Menschen blockieren. Erst wenn der Mensch lernt, ruhig zu bleiben und zu wissen, was zu tun ist, kann er seinem Hund eine echte Hilfe sein.

Kritik an der polarisierten Hundetrainer-Szene

Klara Kühne äußert sich kritisch über die aktuelle Hundeszene, insbesondere auf Social Media. Sie bemängelt die starke Polarisierung zwischen „rein positiven“ Ansätzen und solchen, die mit aversiven Methoden arbeiten. Diese Extreme verunsichern Hundehalter:innen und führen dazu, dass sie ihr eigenes Bauchgefühl verlieren. Ihre eigene Philosophie beschreibt sie als auf Kommunikation basierend - und zu echter Kommunikation gehören sowohl positive Bestärkung („Ja“) als auch klare Grenzen und Korrekturen („Nein“). Sie argumentiert, dass ein ausschließlich positiver Ansatz in der Realität nicht umsetzbar ist und dass selbst Verfechter dieser Methode unbewusst Strafen anwenden (z.B. durch das Vorenthalten einer Belohnung). Klaras Wunsch für die Zukunft der Hundewelt ist mehr Austausch, weniger Konkurrenzdenken und eine Rückkehr zu einer ausgewogenen, bodenständigen Kommunikation, die den Hund als soziales, lernfähiges Wesen respektiert.

Praktische Schritte für den Umgang mit anspruchsvollen Hunden

  1. Druck reduzieren: Akzeptiere, dass du nicht immer 100 % geben kannst. Es ist menschlich, Fehler zu machen. Ein entspannterer Umgang mit der eigenen Unvollkommenheit entlastet dich und deinen Hund.
  2. Konflikte bewusst auswählen: Du musst nicht jede Auseinandersetzung führen. Überlege, welche Themen wirklich wichtig sind, und setze dort klare Grenzen. Andere, weniger kritische Punkte können durch Management gelöst werden.
  3. Management nutzen: Nutze Hilfsmittel wie Leine, Geschirr oder räumliche Trennung, um Konflikte zu vermeiden, für die du gerade keine Energie hast. Dies ist kein Versagen, sondern eine kluge Strategie, um den Alltag zu erleichtern. Ein Beispiel: den Hund anleinen, wenn Besuch kommt, anstatt eine perfekte Deckenübung zu erzwingen.
  4. Emotionen des Hundes anerkennen, Verhalten lenken: Dein Hund muss nicht jeden Menschen oder Hund lieben. Es ist in Ordnung, wenn er eine negative Emotion hat. Deine Aufgabe ist es, ihm beizubringen, wie er mit diesem Gefühl umgehen kann, ohne aggressiv zu reagieren.
  5. Den eigenen Zustand kontrollieren: In stressigen Momenten bewusst atmen und ruhig bleiben. Deine Souveränität ist die wichtigste Stütze für deinen Hund.

📌 Themen und Herausforderungen

Hinweis: Diese Zusammenfassung wurde mit Hilfe von KI aus dem Transkript der Podcast-Episode generiert.
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