Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
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In dieser Episode von The Petfood Family spricht Moderator Jan Dießner mit Melanie Ebert, einer erfahrenen Führungskräfte-Trainerin, Coachin und Autorin. Melanie Ebert hat eine besondere Methode entwickelt: Sie nutzt ihre Hunde als Co-Trainer, um Managern und Teams zu helfen, authentische und effektive Führungspersönlichkeiten zu werden. Ihr Ansatz basiert auf der Überzeugung, dass wir von Hunden grundlegende Lektionen über Kommunikation, Vertrauen und Selbstführung lernen können.
Die zentralen Themen der Episode sind die Prinzipien der Selbstführung, der Unterschied zwischen einer reinen Führungskraft und einer wahren Führungspersönlichkeit sowie die positiven Effekte von Bürohunden auf die Unternehmenskultur. Diese Folge ist relevant für alle, die ihre Führungsqualitäten verbessern möchten - sei es im Beruf, in der Familie oder im Umgang mit dem eigenen Hund - und die verstehen wollen, wie die Beobachtung von Tieren uns helfen kann, menschlicher und erfolgreicher zu agieren.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Führung beginnt bei dir selbst: Um andere - ob Mitarbeiter oder Hunde - effektiv führen zu können, musst du zuerst lernen, dich selbst zu führen. Das bedeutet, deine eigenen Bedürfnisse zu kennen, Grenzen zu setzen und ein positives Mindset zu kultivieren.
- Hunde sind ein Spiegel unseres Verhaltens: Im Coaching decken Hunde unbewusste Verhaltensmuster von Menschen auf. Sie reagieren direkt auf Inkongruenz (wenn Denken und Handeln nicht übereinstimmen) und spiegeln so authentisch wider, wo Entwicklungspotenzial liegt.
- Wahre Führung braucht keine Leine: Melanie Ebert unterscheidet zwischen Führung mit kurzer Leine (Kontrolle, Angst), langer Leine (etwas Freiraum) und Führung ohne Leine. Letztere steht für Leadership, das auf Vertrauen, Inspiration und einer klaren Vision basiert.
- Lerne, nicht zu bewerten: Hunde nehmen einen Menschen so, wie er ist, unabhängig von Status oder Aussehen. Wir können von ihnen lernen, Vorurteile abzulegen und Begegnungen offener zu gestalten.
- Fokus auf das Ziel, nicht auf das Problem: Anstatt sich ständig mit dem zu beschäftigen, was nicht funktioniert („weg von“), ist es effektiver, ein klares, positives Zielbild zu definieren und darauf hinzuarbeiten („hin zu“).
- Bürohunde sind ein Gewinn für alle: Die Anwesenheit von Hunden im Büro senkt Stress, fördert die Kommunikation und Bewegung und steigert die Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung. Die größte Herausforderung bei der Einführung ist nicht der Hund, sondern das Mindset der Menschen.
- Weniger denken, mehr machen: Ein Hund, der einen Hasen jagen will, zerdenkt die Situation nicht - er rennt los. Melanie Ebert ermutigt dazu, diese Mentalität zu übernehmen und Chancen zu ergreifen, anstatt sie durch Zögern verstreichen zu lassen.
Der Hund als Spiegel: Die Grundlagen des hundegestützten Coachings
Melanie Ebert erklärt, dass sie ihre eigenen Hunde als eine Art „Analysetool“ in ihren Coachings einsetzt. Da sie ihre Tiere perfekt lesen kann, ist sie in der Lage, deren Reaktionen auf die Coachees präzise zu deuten. Die Hunde spiegeln dabei unbewusste Verhaltensweisen der Menschen wider. Dieser Prozess macht das Coaching extrem effektiv, da die Teilnehmer ihre eigenen Muster direkt und emotional erleben, anstatt nur theoretisch darüber zu sprechen.
Als Beispiel nennt sie eine Teilnehmerin in einem Workshop, die eine Aufgabe einfach von ihrer Vorgängerin kopierte, anstatt auf ihre eigene Anweisung zu hören. Als Melanie sie darauf ansprach, erkannte die Frau sofort die Parallele zu ihrem Berufsleben: Ihr Chef kritisierte sie genau dafür, dass sie handle, ohne richtig zuzuhören. Dieses „Aha-Erlebnis“, so Ebert, wäre in einem klassischen Coaching ohne Hund erst nach viel längerer Zeit möglich gewesen.
Selbstführung als Basis für jede Art von Führung
Ein zentrales Thema der Diskussion ist die Selbstführung. „Nur wenn ich mich gut kenne und selber gut führen kann, kann ich andere Menschen führen und auch meine Hunde anders führen“, stellt Melanie Ebert klar. Zur Selbstführung gehören für sie Aspekte wie Achtsamkeit, das Setzen von Grenzen, die Kenntnis der eigenen Bedürfnisse und vor allem das eigene Mindset. Die Kommunikation beginne im Kopf - wie man über sich selbst, andere und auch den eigenen Hund denkt und spricht.
Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Kongruenz. Menschen sind oft inkongruent, das heißt, ihr Denken, ihre Körpersprache und ihr Handeln stimmen nicht überein. Hunde, so erklärt Ebert, können dieses inkongruente Verhalten nicht lesen, was zu Verwirrung und Problemen in der Beziehung führt. Authentizität und Stimmigkeit sind daher sowohl für eine gute Mensch-Hund-Beziehung als auch für erfolgreiche Führung unerlässlich.
Von der Führungskraft zur Führungspersönlichkeit: Leadership ohne Leine
In ihrem Buch Leadership ohne Leine unterscheidet Melanie Ebert drei Führungsstile, die sie metaphorisch mit der Hundeleine beschreibt:
- Führung mit kurzer Leine: Dieser Stil ist von Angst und mangelndem Vertrauen geprägt. Führungskräfte kontrollieren ihre Mitarbeiter eng, ähnlich wie ein unsicherer Hundehalter seinen Hund an der kurzen Leine führt, weil er Angst hat, was passieren könnte.
- Führung mit langer Leine: Hier wird Mitarbeitern und Hunden ein gewisser Freiraum gewährt, um sich zu entfalten und eigene Entscheidungen in einem definierten Rahmen zu treffen.
- Führung ohne Leine (Leadership): Dies ist der Idealzustand einer echten Führungspersönlichkeit. Ein Leader inspiriert sein Team, hat volles Vertrauen und gibt eine klare Vision vor. Den Weg zum Ziel dürfen die Mitarbeiter eigenverantwortlich gestalten. Im übertragenen Sinne ist das die Beziehung, die sie zu ihren Hunden hat, die auch ohne Leine in ihrer Nähe bleiben, weil die Bindung und das Vertrauen stimmen.
Bürohunde: Ein Mehrwert für Mensch und Unternehmen
Jan und Melanie diskutieren intensiv über den Trend der Bürohunde. Melanie Ebert sieht darin weit mehr als eine Modeerscheinung. Die Vorteile sind vielfältig: Das Streicheln eines Hundes setzt das Bindungshormon Oxytocin frei, was Stress reduziert und das Wohlbefinden steigert. Die Anwesenheit eines Hundes fördert die Kommunikation unter Kollegen, sorgt für mehr Bewegung und Pausen an der frischen Luft.
Für Unternehmen, so Ebert, sind Bürohunde ein starkes Argument im Recruiting und zur Mitarbeiterbindung. Mitarbeiter, die ihre Hunde mitbringen dürfen, sind oft entspannter und produktiver, da sie sich keine Sorgen um ihr Tier zu Hause machen müssen. Die Implementierung von Bürohunden sei zu 75 - 80 % eine Frage der menschlichen Faktoren - also Kommunikation, Mindset und dem Umgang mit Ängsten oder Allergien - und nur zu 20 - 25 % eine Frage der Organisation für den Hund selbst.
Praktische Schritte zur persönlichen Weiterentwicklung
Aus dem Gespräch lassen sich konkrete Handlungsempfehlungen ableiten, die von den Interaktionen mit Hunden inspiriert sind:
- Nimm dein Verhalten bewusst wahr: Der erste Schritt zur Veränderung ist die Bewusstheit. Wenn du merkst, dass du in alte Muster fällst (z. B. andere vorschnell bewertest), nutze einen mentalen Stopp-Befehl, um innezuhalten.
- Definiere dein Zielbild: Konzentriere dich auf das, was du erreichen willst, anstatt auf das Problem. Frage dich: „Wie sieht die ideale Situation aus?“ Dieser positive Fokus („hin zu“) ist motivierender und lösungsorientierter.
- Analysiere deine eigene Kongruenz: Beobachte dich im Alltag. Passen dein Denken, Fühlen und Handeln zusammen? Hunde reagieren sensibel auf Widersprüche - und Menschen tun es ebenfalls, wenn auch oft unbewusst.
- Übe dich in Wertschätzung: Begrüße deine Mitmenschen - im Büro, in der Familie - so bewusst und positiv, wie ein Hund dich begrüßt. Eine einfache Geste wie „Schön, dass du da bist“ kann die gesamte Atmosphäre verändern.