Mehr Miteinander, weniger Lagerdenken: Ein persönlicher Jahresrückblick mit Sami El Ayachi

Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida. 
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In einer besonderen Jahresendfolge des Podcasts The Petfood Family führt Moderator Jan Dießner ein tiefgründiges und sehr persönliches Gespräch mit seinem Freund und Kollegen, dem Hundetrainer Sami El Ayachi. Statt eines klassischen Rückblicks auf vergangene Episoden entwickelt sich ein ehrlicher Dialog über den Zustand der Hundeszene, den Druck zur Positionierung, die Bedeutung von Offenheit und die Notwendigkeit persönlicher Auszeiten, um die Leidenschaft für den Beruf nicht zu verlieren. Diese Episode richtet sich an alle, die in der Hundewelt tätig sind oder sich intensiv mit ihr beschäftigen und sich nach mehr Austausch und weniger Polarisierung sehnen. Sie beleuchtet die zentrale Frage, wie wir in einer oft gespaltenen Community wieder zu einem echten, neugierigen Miteinander finden können.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Fokus auf das Miteinander: Die Hundeszene leidet unter Spaltung und „Lagerdenken“. Ein offener, ideologiefreier Dialog ist entscheidend, um Vorurteile abzubauen und den Fokus wieder auf das Wohl von Mensch und Hund zu legen.
  • Fehlende Standards als Problem: Sami El Ayachi kritisiert das Fehlen eines einheitlichen, anerkannten Berufsbildes für Hundetrainer, was zu subjektiven Bewertungen und mangelnder Professionalität führt.
  • Neugier statt Besserwisserei: Echte Weiterentwicklung entsteht durch Neugier und die Bereitschaft, andere Arbeitsweisen verstehen zu wollen, anstatt sie vorschnell zu verurteilen.
  • Praktische Erfahrung ist unersetzlich: Das Beobachten von Hunden in sozialen Gruppen, beispielsweise in Tierheimen oder Hundetagesstätten, ist fundamental, um Verhalten wirklich zu verstehen, und sollte für Trainer zur Pflicht gehören.
  • Pausen sind überlebenswichtig: Jan teilt seine persönliche Erfahrung, wie eine bewusste Auszeit ihm half, den enormen Druck zu verarbeiten und die Freude an seiner Arbeit wiederzufinden - ein Wechsel vom „Machen müssen“ zum „Machen dürfen“.
  • Achte auf dich selbst: Wer täglich Verantwortung für Tiere und Menschen übernimmt, muss aktiv für eigene Auszeiten („Me-Time“) sorgen, um nicht auszubrennen und die eigene Perspektive frisch zu halten.

Die Zerrissenheit der Hundeszene: Zwischen Gruppenzwang und persönlicher Haltung

Jan eröffnet das Gespräch mit einer tiefsinnigen Frage: „Wenn dein Trainer-Dasein ein Buch wäre, würdest du heute schon die letzte Seite lesen wollen?“ Diese Frage spiegelt seine eigene Unsicherheit wider, wo er in der polarisierten Hundeszene seinen Platz hat. Er beschreibt das Gefühl, durch jede Entscheidung automatisch in eine Schublade gesteckt zu werden, aus der es kein Entkommen gibt. Die Sorge, sich für eine „Seite“ entscheiden zu müssen, lähmt ihn.

Sami antwortet, dass er die letzte Seite nicht lesen möchte, da für ihn der Weg und die Neugier im Vordergrund stehen. Er erklärt, dass er sich nie einer bestimmten Gruppe zugehörig fühlen wollte. Sein Fokus liege darauf, dem einzelnen Mensch-Hund-Team zu helfen, anstatt sich danach zu richten, was eine bestimmte Gruppe für richtig hält. Er warnt davor, dass das Streben nach Zugehörigkeit die Offenheit blockiert und zu einer merkwürdigen Entwicklung im Hundetraining führt. Dennoch räumt er ein, dass eine verlässliche Gemeinschaft in stressigen Zeiten Halt geben kann.

Fehlende Standards und die Macht der Vorurteile

Ein zentrales Problem, das Sami identifiziert, ist das Fehlen eines einheitlichen und anerkannten Berufsbildes für Hundetrainer in Deutschland. Es gäbe keine festen Standards für Ausbildung, Ethik oder Fortbildungen. Dieser Mangel an einer gemeinsamen Basis führe dazu, dass jeder von seiner eigenen Ideologie ausgeht und ein fachlicher, objektiver Austausch kaum möglich ist. Jan ergänzt diesen Gedanken mit einer Beobachtung des Politikers Robert Habeck: Viele Akteure sprechen nur noch zu ihren eigenen Anhängern, um sich Applaus zu holen, anstatt sich um die Sache an sich zu bemühen.

Sami berichtet aus eigener Erfahrung, wie schnell Menschen aufgrund von Äußerlichkeiten oder ihres Namens in eine Schublade gesteckt werden. Er betont, wie oft Urteile auf Hörensagen basieren, ohne dass sich die Menschen die Mühe machen, die Arbeit einer Person selbst zu erleben. Dieser Mangel an Bereitschaft, die eigene, vorgefasste Meinung zu hinterfragen, verhindert laut Sami echten Fortschritt und ein faires Miteinander.

Der Weg zu mehr Verständnis: Dialog, Neugier und praktische Erfahrung

Als Lösung für die Spaltung plädiert Sami eindringlich für mehr direkten Dialog und echte Neugier. Anstatt übereinander zu reden, solle man miteinander sprechen und die Beweggründe des anderen verstehen wollen. Er kritisiert, dass viele Trainer Verhalten sofort bewerten und manipulieren, anstatt es erst einmal wertfrei zu beobachten und zu beschreiben. Es gehe darum, den Kern eines Problems zu verstehen, bevor man mit Trainingsansätzen beginnt.

Um dieses Verständnis zu schärfen, fordert Sami, dass praktische Erfahrungen in gut geführten Institutionen wie Tierheimen oder Hundetagesstätten zum Pflichtprogramm für jeden Trainer gehören sollten. Nur wer Hunde über längere Zeit in sozialen Gruppen beobachtet, lerne, ihr Verhalten wirklich zu lesen und zu verstehen. Diese Erfahrungen würden, so seine Überzeugung, zu mehr Demut und weniger vorschnellen Urteilen führen.

Persönliche Reflexion: Jans Weg aus dem Hamsterrad

Im zweiten Teil des Gesprächs wird es sehr persönlich. Sami fragt Jan nach dessen Entscheidung, eine berufliche Pause einzulegen. Jan erzählt offen vom immensen Druck, den er während seiner intensiven Zeit beim Fernsehen empfunden hat. Die Verantwortung für Hunderte von Hunden und die ständige öffentliche Präsenz hätten ihn an einen Punkt gebracht, an dem er fast nicht mehr wusste, wer er war. Sein Kopf sei so voll mit Eindrücken gewesen, dass er keine Kapazitäten mehr hatte, diese zu verarbeiten.

Die wochenlange Auszeit zu Hause war für ihn essenziell. Er beschreibt, wie er durch einfache Tätigkeiten wie Gartenarbeit wieder zu sich selbst fand und die Dinge neu sortieren konnte. Ein Zitat aus einem Casper-Song wurde für ihn zum Sinnbild dieser Zeit: „Verrückt, dass Fallen wie Fliegen ist für einen kurzen Moment.“ Diese Pause half ihm, die Leidenschaft für seine Arbeit wiederzuentdecken und vom Gefühl des „Müssens“ zu einem Gefühl des „Dürfens“ zurückzukehren. Er betont, wie wichtig es ist, Hobbys und Interessen außerhalb der Hundewelt zu pflegen, um einen gesunden Abstand zu wahren.

Praktische Schritte für mehr Ausgeglichenheit

Aus dem Gespräch lassen sich konkrete Anregungen für alle ableiten, die sich intensiv mit Hunden beschäftigen, sei es beruflich oder privat:

  1. Suche den direkten Dialog: Anstatt über andere zu urteilen, sprich sie direkt an. Frage nach ihren Beweggründen und sei offen für ihre Perspektive.
  2. Übe dich in wertfreier Beobachtung: Nimm dir bewusst Zeit, Hunde einfach nur zu beobachten, ohne sofort eingreifen oder bewerten zu wollen. Das schärft den Blick für das Wesentliche.
  3. Sammle praktische Erfahrungen: Biete deine Hilfe in einem Tierheim, einer Hundepension oder einer anderen Einrichtung an. Der Umgang mit vielen unterschiedlichen Hunden erweitert den Horizont ungemein.
  4. Schaffe dir bewusste Auszeiten: Plane feste „Me-Time“ ohne Hundebezug ein. Ob Sport, Freunde treffen oder ein Hobby - schaffe einen mentalen Abstand zu deinem Alltag, um neue Energie zu tanken.
  5. Finde dein persönliches Gleichgewicht: Erkenne, wann der Druck zu groß wird. Eine bewusste Pause kann helfen, die eigene Motivation neu zu entdecken und die Freude an dem, was du tust, zu bewahren.

📌 Themen und Herausforderungen

Hinweis: Diese Zusammenfassung wurde mit Hilfe von KI aus dem Transkript der Podcast-Episode generiert.
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