Pubertät beim Hund - Die Baustelle im Gehirn verstehen und begleiten

Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida. 
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In dieser Episode des Podcasts Sitz! Platz! Bleibt! tauchen die Hosts Nicole Borowy und Sami El Ayachi tief in eines der herausforderndsten Themen für Hundebesitzer ein: die Pubertät. Anhand persönlicher Erfahrungen mit ihren eigenen Hunden - einem sieben Monate alten „Pubertier“ und menschlichen Teenagern - erklären sie die biologischen Hintergründe und geben wertvolle Ratschläge für diese turbulente Zeit.

Die zentrale Frage der Episode lautet: Wie können wir unsere jungen Hunde am besten durch diese Phase des hormonellen und neurologischen Umbaus begleiten? Die Folge richtet sich an alle Hundehalter, die das oft widersprüchliche und anstrengende Verhalten ihres heranwachsenden Hundes besser verstehen und die Beziehung zu ihm stärken wollen, anstatt an ihr zu verzweifeln.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Das Gehirn ist eine Baustelle: In der Pubertät entwickelt sich das emotionale Zentrum (limbisches System) rasant und überlagert das noch unfertige Kontrollzentrum (präfrontaler Cortex). Das erklärt, warum Impulskontrolle und bereits Gelerntes plötzlich nicht mehr abrufbar sind.
  • Sei das erwachsene Korrektiv: Da die innere Impulskontrolle deines Hundes temporär ausfällt, musst du als Mensch die Rolle des klaren, konsequenten und verlässlichen Partners übernehmen, der Grenzen setzt und Sicherheit gibt.
  • Frühes Training zahlt sich aus: Regeln, Kommandos und Strukturen, die du bereits im Welpenalter etabliert hast, sind in der Pubertät ein unschätzbares Fundament. Auf sie kannst du immer wieder zurückgreifen.
  • Passe dein Management an: Erkenne, wann dein Hund überfordert ist. Reduziere Reize, gestalte Spaziergänge überschaubarer und setze auf kurze, fokussierte Trainingseinheiten, um Frustration zu vermeiden.
  • Hormone verändern das Verhalten: Mit der Geschlechtsreife können rassespezifische Verhaltensweisen wie Jagdtrieb oder territoriales Verhalten plötzlich stark hervortreten. Sei darauf vorbereitet und arbeite frühzeitig daran.
  • Beziehung vor Erziehung: In dieser Phase ist es entscheidend, eine sichere Bindung zu pflegen. Zeige deinem Hund, dass du auch in anstrengenden Momenten ein verlässlicher Hafen bist. Körperliche Nähe und gemeinsame Ruhephasen sind jetzt besonders wichtig.
  • Durchleben statt unterbinden: Die Hosts plädieren eindringlich dafür, die Pubertät als notwendigen Entwicklungsschritt zu sehen und von einer Frühkastration aus reinen Verhaltensgründen abzusehen, da diese den Reifeprozess stört.

Baustelle im Gehirn: Warum dein Hund plötzlich alles vergisst

Sami und Nicole erklären die Pubertät als einen massiven „Umbauprozess im Hirn“. Sie heben zwei zentrale Bereiche hervor: den präfrontalen Cortex, zuständig für Impulskontrolle und logisches Denken („Warten wird belohnt“), und das limbische System, das als Gefühlzentrum dient. Während der Pubertät ist der präfrontale Cortex noch nicht ausgereift, während das limbische System „mit Volldampf“ ausgebildet wird. Dies führt dazu, dass Emotionen die rationale Kontrolle überlagern. Das Resultat: Ein Hund, der Gelerntes wie „Sitz, bleib“ plötzlich nicht mehr halten kann oder Kommandos komplett zu vergessen scheint. Es ist kein Ungehorsam, sondern eine neurobiologische Gegebenheit - der Hund kann in dem Moment nicht anders.

Die Rolle des Menschen: Das erwachsene Korrektiv

Da die innere Bremse des Hundes nicht funktioniert, ist der Mensch als „externes Korrektiv“ gefragt. Nicole und Sami betonen, dass es in dieser Phase unerlässlich ist, dranzubleiben und die etablierten Regeln konsequent einzufordern. Manchmal muss man dabei der „Spielverderber“ sein, der den Hund daran erinnert, dass im Haus nicht getobt oder jede Eichel gefressen wird. Diese Konsequenz vermittelt dem Hund die nötige Sicherheit und Struktur. Ein zentraler Fehler vieler Besitzer sei es, nach dem Welpenkurs mit dem Training aufzuhören. Gerade die Junghundegruppe sei entscheidend, um die Grundlagen zu festigen, wenn das Gehirn sie am meisten infrage stellt.

Hormone, Instinkte und neue Verhaltensweisen

Neben dem Gehirnumbau spielen Hormone eine entscheidende Rolle. Die einsetzende Geschlechtsreife führt dazu, dass Rüden und Hündinnen sich körperlich und im Verhalten verändern. Gerüche werden intensiver wahrgenommen, und das Interesse am anderen Geschlecht erwacht. Sami erklärt, dass in dieser Zeit auch genetische Veranlagungen, die vorher schlummerten, plötzlich zum Vorschein kommen können. Ein Hund ohne sichtbaren Jagdtrieb kann plötzlich anfangen, Vögeln nachzujagen, oder ein bisher freundlicher Hund zeigt territoriales Verhalten. Die erhöhte Ausschüttung von Dopamin verstärkt zudem selbstbelohnende Verhaltensweisen, weshalb es so wichtig ist, unerwünschtes Jagen oder Pöbeln früh zu unterbinden.

Soziale Entwicklung und die Bedeutung erwachsener Vorbilder

Die Hosts diskutieren, wie wichtig der Kontakt zu souveränen, erwachsenen Hunden für einen Pubertierenden ist. Ein erwachsener Hund kann einem übermütigen Junghund klar, aber fair seine Grenzen aufzeigen - eine Erfahrung, die Menschen kaum ersetzen können. Da viele Hunde heute als Einzelhunde leben, fehlt dieses „erwachsene Modell“ oft. In solchen Fällen liegt die Verantwortung umso mehr beim Menschen, soziale Interaktionen zu moderieren und für positive Lernerfahrungen zu sorgen. Es geht nicht darum, den Hund „mal von einem anderen maßregeln zu lassen“, sondern um begleitetes soziales Lernen.

Ein Plädoyer gegen die Frühkastration

Sami äußert sich sehr kritisch zur Praxis der Frühkastration als vermeintliche Lösung für pubertäres Verhalten. Er argumentiert, dass diese Phase ein essenzieller Teil des Erwachsenwerdens ist, den ein Hund durchleben muss, um eine stabile Persönlichkeit zu entwickeln. Ein zu früher Eingriff in den Hormonhaushalt stoppe nicht nur die mentale, sondern auch die körperliche Reifung (z. B. für Knochen und Bindegewebe). Er vergleicht es damit, einen Menschen mit 13 Jahren in seiner Entwicklung anzuhalten. Die Herausforderungen der Pubertät auszuhalten und den Hund dabei zu begleiten, sei ein wichtiger Teil der Verantwortung als Halter.

Praktische Tipps für den Umgang mit dem Pubertier

  1. Bleib konsequent und geduldig: Wiederhole bereits gelernte Regeln und Kommandos mit Ruhe. Dein Hund testet keine Grenzen aus Bosheit, sondern weil sein Gehirn im Chaos versinkt.
  2. Setze auf bewährte Grundlagen: Nutze gut etablierte Signale wie ein verbindliches „Aus“-Kommando. Wenn du dies im Welpenalter aufgebaut hast, hast du jetzt ein wichtiges Werkzeug zur Hand.
  3. Passe das Training an: Erkenne, wann dein Hund überfordert ist. Mache lieber kürzere Spaziergänge und wähle reizarme Umgebungen für fokussierte Übungen wie Leinenführigkeit.
  4. Übernimm die Verantwortung: Anstatt den Hund in Situationen zu bringen, denen er nicht gewachsen ist, nimm ihn proaktiv heraus und sorge für positive Erfahrungen.
  5. Stärke die Bindung: Biete deinem Hund Sicherheit, Geborgenheit und viel körperliche Nähe. Nach einem aufregenden Tag voller Selbstüberschätzung braucht er dich als sicheren Hafen, um zur Ruhe zu kommen.
  6. Behalte deinen Humor: Nicht jedes Verhalten ist eine Machtprobe. Wie Nicole mit einem Schmunzeln erzählt, gehört die „Flip-Flop-Safari“ ihres Mannes, dessen Schuhe im ganzen Haus verteilt werden, einfach dazu. Lächle über die Marotten und erinnere dich daran: Diese Phase geht vorbei.

📌 Themen und Herausforderungen

Hinweis: Diese Zusammenfassung wurde mit Hilfe von KI aus dem Transkript der Podcast-Episode generiert.
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