Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
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In dieser Episode des Podcasts Tierisch menschlich tauchen die Moderatoren Martin Rütter und Katharina Adick in eine breite Palette von Themen ein. Von überraschenden wissenschaftlichen Erkenntnissen über die frühe Domestikation von Hunden über eine scharfe Kritik an der Zucht des Mastiffs bis hin zu den Tücken künstlicher Intelligenz und einem leidenschaftlichen Appell für mehr Tierschutz-Aktivismus. Die Episode beleuchtet die komplexen, oft widersprüchlichen Facetten der Mensch-Tier-Beziehung und fordert zum kritischen Nachdenken auf. Sie richtet sich an alle, die nicht nur praktische Tipps für den Alltag mit Hund suchen, sondern auch die tieferen ethischen und gesellschaftlichen Fragen rund um Tiere verstehen möchten.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Frühe Domestikation: Eine neue Studie zeigt, dass die Vielfalt an Schädelformen bei Hunden bereits vor 11.000 Jahren existierte und nicht erst in den letzten 200 Jahren entstand.
- Kritik an der Mastiff-Zucht: Martin bezeichnet die Zucht von extrem schweren Mastiffs (bis zu 155 kg) als „schlimmste Tierquälerei“ und plädiert dafür, diese Form der Zucht aussterben zu lassen.
- Rückschritte im Training: Bei Problemen wie plötzlicher Unsauberkeit rät Martin, zu den Grundlagen zurückzukehren und den Hund wie einen Welpen zu behandeln: ständige Beobachtung und proaktives Management.
- Umgang mit KI: ChatGPT kann nützlich sein, um Texte zu komprimieren oder spezifische Suchen durchzuführen, ist aber für die Faktenrecherche unzuverlässig und kann bestehende Denkmuster gefährlich verstärken.
- Martins Abschiedstour: Der Vorverkauf für Martins letzte Tour ist extrem erfolgreich, was bei ihm neben Freude auch unerwartete Wehmut auslöst. Er betont, dass nur die Tour endet, nicht seine sonstige Arbeit.
- Aufruf zum Tierschutz: Beide Moderatoren rufen eindringlich dazu auf, an einer komplexen EU-Umfrage zur Tierhaltung teilzunehmen, da die Ergebnisse politisches Gewicht haben werden.
- Jagddebatte: Martin kritisiert die emotionale und oft unsachliche Debatte um die Jagd auf Wölfe und andere Tiere, die seiner Meinung nach mehr von einer „Geilheit aufs Ballern“ als von Notwendigkeit geprägt ist.
Neue Erkenntnisse zur Domestikation: Die Vielfalt der Hunde ist älter als gedacht
Katharina eröffnet die Episode mit einer neuen wissenschaftlichen Studie, die etablierte Annahmen über die Domestikation von Hunden infrage stellt. Bisher ging man davon aus, dass die enorme Vielfalt an Hunderassen - vom Chihuahua bis zum Mastiff - hauptsächlich in den letzten 200 Jahren durch gezielte Zucht entstanden ist. Eine Analyse von über 600 Hunde- und Wolfsschädeln zeigt jedoch ein anderes Bild: Merkmale wie eine kurze Schnauze und ein breites Gesicht, typisch für viele domestizierte Hunde, waren bereits bei 11.000 Jahre alten Hundeskeletten nachweisbar. Katharina erklärt, dass schon damals etwa die Hälfte der heute bekannten Diversität an Schädelformen existierte. Als mögliche Ursache vermuten die Forscher, dass Menschen schon früh unterschiedliche Anforderungen an ihre Hunde stellten - sei es für die Jagd, den Schutz von Herden oder als Sozialpartner.
Martin äußert hier Bedenken bezüglich der Interpretation. Er wirft die Frage auf, ob die unterschiedlichen Schädelformen nicht auch eine rein biologische Funktionalität gehabt haben könnten, unabhängig vom Zusammenleben mit dem Menschen. Er vergleicht dies mit Vögeln, deren Schnabelform sich an ihre Nahrungsquelle anpasst. Außerdem gibt er zu bedenken, dass die Nähe von Hundeskeletten zu menschlichen Siedlungen nicht zwangsläufig eine enge soziale Bindung bedeute - die Hunde könnten auch als Nahrungsquelle gedient haben.
Rasseportrait Mastiff: Zwischen Erhabenheit und Qualzucht
Im Rasseportrait wird der Mastiff vorgestellt, eine der größten und schwersten Hunderassen der Welt. Mit einer Widerristhöhe von bis zu 90 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu 100 Kilogramm - ein Rekordhalter brachte sogar über 155 Kilogramm auf die Waage - ist er eine imposante Erscheinung. Katharina beschreibt ihn als Hund mit „Erhabenheit und Mut“, der seinen Besitzern gegenüber liebevoll, Fremden gegenüber jedoch oft gleichgültig sei. Historisch wurde der Mastiff bereits von den Römern in Kampfarenen und später bei grausamen Tierkämpfen gegen Bären und Bullen eingesetzt.
Martin kritisiert die moderne Zucht des Mastiffs scharf und bezeichnet sie als „Qualzucht“ und „schlimmste Tierquälerei“. Er argumentiert, dass die extreme Masse die Hunde schwerfällig mache und zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führe. Ein Mastiff, der für den Kampf gezüchtet wurde, könne niemals diese Trägheit besessen haben. Er beobachtet, dass die Tiere schon in jungen Jahren Schwierigkeiten beim Aufstehen haben. Sein eindringlicher Appell lautet, diese Rasse in ihrer heutigen Form „aussterben zu lassen“ und stattdessen Tieren aus dem Tierschutz ein Zuhause zu geben.
Umgang mit Rückschlägen im Hundetraining: Das Beispiel Stubenreinheit
Katharina berichtet von einem Rückschlag im Training mit ihrer Hündin Trudi, die nach einer Phase der Zuverlässigkeit plötzlich wiederholt in die Wohnung gemacht hat - sogar auf ihre eigene Schlafdecke. Martin beruhigt sie und erklärt, dass dies nicht ungewöhnlich sei. Entgegen der landläufigen Meinung, ein Hund würde niemals seinen Schlafplatz beschmutzen, komme dies bei Welpen oder Hunden aus schlechter Haltung durchaus vor. Entscheidend sei, dass der Hund sich nicht bewusst in den eigenen Urin legt.
Sein Rat ist, das Training zur Stubenreinheit komplett von vorne zu beginnen, so als wäre ein neuer Welpe eingezogen. Das Ziel sei, zu verhindern, dass sich das unerwünschte Verhalten verfestigt. Mit jedem „Unfall“ in der Wohnung normalisiere sich dieses Verhalten für den Hund. Die Lösung liegt laut Martin darin, den Hund nicht unbeobachtet zu lassen, ihn prophylaktisch häufiger nach draußen zu bringen und das richtige Verhalten draußen verbal zu loben, ohne jedoch eine übertriebene Belohnungsparty zu veranstalten.
Praktische Schritte bei Rückschritten in der Stubenreinheit:
- Zurück zum Anfang: Behandle deinen Hund wieder wie einen Welpen, der gerade erst einzieht.
- Ständige Aufsicht: Lasse den Hund im Haus nicht mehr unbeobachtet. Nimm ihn von Raum zu Raum mit, um sofort reagieren zu können, wenn er unruhig wird.
- Prophylaktisch handeln: Bringe ihn häufiger nach draußen, insbesondere nach dem Schlafen, Fressen und Spielen.
- Rituale vermeiden: Verhindere, dass das Pinkeln in der Wohnung zur Gewohnheit wird. Jeder Unfall festigt das falsche Verhalten.
- Ruhig loben: Bestätige das erwünschte Verhalten draußen mit ruhiger, positiver Stimme, aber übertreibe es nicht mit Leckerlis, um kein "Fordern" zu provozieren.
Künstliche Intelligenz: Ein Werkzeug mit zwei Seiten
Das Gespräch wendet sich der künstlichen Intelligenz wie ChatGPT zu. Martin und Katharina diskutieren die Vor- und Nachteile. Martin nutzt die KI erfolgreich, um lange Texte zusammenzufassen oder um sehr spezifische Empfehlungen zu finden, wie etwa vegane Restaurants auf Mallorca, die er über herkömmliche Suchmaschinen nicht gefunden hatte. Katharina bestätigt, dass KI auch in ihrer redaktionellen Arbeit hilfreich sein kann, um Rechercheprozesse zu beschleunigen.
Gleichzeitig warnen beide vor den Gefahren. Katharina betont, dass die KI oft Fakten erfindet und wissenschaftliche Studien zitiert, die nicht existieren oder einen völlig anderen Inhalt haben. Das größte Problem sehen sie darin, dass die KI darauf ausgelegt ist, dem Nutzer das zu liefern, was er hören möchte, anstatt die Wahrheit abzubilden. Dies könne bestehende Meinungsblasen verstärken und besonders für Menschen in psychisch labilen Situationen gefährlich werden. Die Zusammenarbeit von KI-Firmen mit großen Medienhäusern wie Springer potenziere dieses Problem zusätzlich.
Appell zum Handeln: EU-Umfrage und die Jagddebatte
Ein zentrales Anliegen der Episode ist der Aufruf, an einer laufenden EU-Umfrage zur Tierhaltung teilzunehmen. Beide Moderatoren räumen ein, dass die Umfrage kompliziert und bürokratisch formuliert sei, was viele Menschen abschrecke. Martin erzählt, dass er selbst mehrere Anläufe gebraucht habe. Dennoch sei die Teilnahme extrem wichtig, da die Ergebnisse als politisches Stimmungsbild gewertet werden und Einfluss auf zukünftige Tierschutzgesetze haben. Sie empfehlen eine Anleitung von Animal Equality, um die Umfrage leichter zu bewältigen.
Ausgehend von diesem Thema entfacht Martin eine leidenschaftliche Tirade gegen die Hobbyjagd in Deutschland, insbesondere im Kontext der Wolfsdebatte. Er kritisiert die seiner Ansicht nach fetischartige Besessenheit vieler Jäger, einen Wolf schießen zu wollen. Argumente wie Hege und Pflege des Waldes seien oft nur Vorwände für die „Geilheit aufs Ballern“. Er stellt die generelle Notwendigkeit von 400.000 Hobbyjägern in Deutschland infrage und bezeichnet deren Argumentation oft als scheinheilig und faktenfern.