Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
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In dieser Episode des Podcasts "The Petfood Family" spricht Host Jan Dießner mit Simone Sombecki, die seit 2012 die WDR-Sendung "Tiere suchen ein Zuhause" moderiert. Aufgezeichnet im Katzenzimmer des Tierheims Dorsten, entfaltet sich ein tiefgehendes Gespräch über die drängendsten Probleme im Tierschutz, die Rolle des menschlichen Egoismus und die Notwendigkeit, Empathie und Verantwortung in den Mittelpunkt zu stellen.
Die Episode beleuchtet die harte Realität in deutschen Tierheimen, die oft an ihrer Belastungsgrenze arbeiten. Es geht um die zentrale Frage, wie jeder Einzelne dazu beitragen kann, die Situation für Tiere nachhaltig zu verbessern - sei es durch bewusste Entscheidungen bei der Anschaffung, durch aktive Hilfe vor Ort oder durch ein Umdenken im Umgang mit Auslandstierschutz. Diese Folge ist eine wichtige Ressource für alle Tierhalter:innen und Tierschutzinteressierte, die die Hintergründe verstehen und wirksam helfen wollen.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Tierheime sind am Limit: Simone Sombecki betont, dass viele deutsche Tierheime personell und kapazitiv überlastet sind. Die Arbeit besteht zu einem großen Teil aus harter körperlicher Arbeit wie Putzen und Füttern, nicht nur aus dem Betreuen der Tiere.
- Menschlicher Egoismus ist ein Kernproblem: Viele Tiere landen im Tierheim, weil sich Menschen vor der Anschaffung nicht ausreichend mit den Bedürfnissen und dem Aufwand auseinandersetzen. Der Wunsch, ein Tier zu besitzen, überwiegt oft die rationale Planung.
- Kastration als Schlüssel: Das massive Problem der Straßenkatzen in Deutschland lässt sich laut Simone nur durch konsequente Kastrationen von Freigängerkatzen in den Griff bekommen.
- Auslandstierschutz braucht Differenzierung: Nicht jedes Tier aus dem Ausland muss "gerettet" und nach Deutschland gebracht werden. Oft ist es sinnvoller, Tierschutzorganisationen vor Ort zu unterstützen, die sich um Kastration, medizinische Versorgung und die Verbesserung der Lebensbedingungen kümmern.
- Jeder kann helfen: Du kannst dein lokales Tierheim unterstützen, indem du direkt fragst, wo Hilfe gebraucht wird - sei es beim Spazierengehen, Putzen, bei handwerklichen Tätigkeiten oder der Betreuung von Social-Media-Kanälen.
- Sichtbarkeit ist entscheidend: Um Tierschutzthemen in die Mitte der Gesellschaft zu rücken, braucht es authentische Botschafter:innen, die auch Menschen außerhalb der "Tierschutz-Blase" erreichen.
- Qualitätszeit mit dem eigenen Tier: Simone und Jan appellieren daran, die gemeinsame Zeit mit dem Haustier, wie etwa die Gassi-Runde, bewusst und ohne Ablenkung durch das Smartphone zu gestalten.
Die Realität im Tierheim: Mehr als nur Tiere streicheln
Die Aufnahme findet im Tierheim Dorsten statt, was den direkten Rahmen für das Gespräch liefert. Simone und Jan beobachten die Mitarbeiter:innen bei ihrer täglichen Arbeit und machen deutlich, dass der Tierheimalltag ein anspruchsvoller und oft unterbezahlter Job ist. Simone erklärt, dass viele Heime an ihrer Kapazitätsgrenze arbeiten. Dies führt dazu, dass wichtige Aufgaben wie die intensive Beschäftigung mit einzelnen Tieren oder die ausführliche Beratung von Interessent:innen aus Zeitmangel oft zu kurz kommen. Die Versorgung der Tiere steht an erster Stelle, doch das Personal ist stark gefordert.
Menschlicher Egoismus als Wurzel des Problems
Ein zentrales Thema der Diskussion ist die Verantwortung des Menschen. Simone identifiziert den menschlichen Egoismus als eine der Hauptursachen für überfüllte Tierheime. Viele Menschen schaffen sich ein Tier an, weil sie eine bestimmte Vorstellung davon haben, wie es sein soll, ohne ihre eigenen Lebensumstände und Fähigkeiten kritisch zu hinterfragen. Die Folge ist oft Überforderung, die zur Abgabe des Tieres führt. Simone kritisiert, dass viele nicht bereit sind, die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und die Perspektive des Tieres einzunehmen.
Besonders deutlich wird dies am Beispiel des Straßenkatzenproblems. Viele Halter:innen von Katern sehen die Notwendigkeit einer Kastration nicht, da ihr Tier den Nachwuchs nicht "nach Hause bringt". Laut Simone liegt die Lösung in mehr Verantwortungsbewusstsein und flächendeckenden Kastrationen, um das unsichtbare Leid der Straßenkatzen zu beenden.
Auslandstierschutz mit Herz und Verstand
Simone teilt ihre jahrzehntelangen Erfahrungen im Auslandstierschutz, die mit einem prägenden Erlebnis in Andalusien begannen. Sie plädiert für einen differenzierten Blick: Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass jedes Tier aus dem Ausland nach Deutschland geholt werden muss. Sie berichtet von Projekten, beispielsweise in Griechenland, wo Straßenhunde von der lokalen Bevölkerung versorgt und geliebt werden. Diese Tiere führen oft ein freies und glückliches, wenn auch kürzeres und gefährlicheres Leben. Ein Umzug in eine deutsche Wohnung wäre für viele dieser Hunde kein Gewinn.
Simone betont daher, wie wichtig es ist, Tierschutzvereine vor Ort zu unterstützen, die nachhaltige Arbeit leisten - durch Kastrationsprojekte, medizinische Versorgung und Aufklärung der Bevölkerung. Es geht darum, das Elend an der Wurzel zu bekämpfen, anstatt nur Symptome zu behandeln.
Die Mission von "Tiere suchen ein Zuhause"
Als Moderatorin der Sendung sieht Simone ihre Aufgabe darin, eine Lanze für Tierschutztiere zu brechen und das Vorurteil zu entkräften, dass Tiere aus dem Tierheim "einen Knacks" haben. Die Sendung will eine Plattform schaffen, um Mensch und Tier zusammenzubringen und gleichzeitig über Tierschutzthemen aufzuklären. Bei der Auswahl der vorgestellten Tiere steht das Tierwohl an oberster Stelle: Nur Tiere, die den Stress einer Fernsehproduktion bewältigen können, werden eingeladen. Simone hebt die leidenschaftliche Arbeit ihres gesamten Teams hervor, das gemeinsam für die Sache brennt und durch fundierte Aufklärung einen Dominoeffekt in der Gesellschaft auslösen möchte.
Sichtbarkeit und Sensibilisierung: Wie Tierschutz die breite Masse erreicht
Um Menschen zu erreichen, die sich bisher wenig mit Tierschutz beschäftigt haben, braucht es laut Simone neue Wege. Als positives Beispiel nennt sie den Besuch des Comedians Tommi Schmitt in ihrer Sendung. Durch seine authentische Art konnte er das Thema an seine große Community herantragen, die sonst vielleicht nie eingeschaltet hätte. Solche Multiplikatoren sind entscheidend, um den Tierschutz aus seiner Nische zu holen. Simone ist überzeugt, dass Tierschutz mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, was sich auch daran zeigt, dass Tierschutzthemen es heute bis in die Tagesschau schaffen.
Praktische Schritte zur Unterstützung des Tierschutzes
- Unterstütze dein lokales Tierheim: Gehe persönlich vorbei und frage, welche Hilfe konkret benötigt wird. Oft werden nicht nur Gassigeher:innen, sondern auch Helfer:innen für Reinigungsarbeiten, handwerkliche Tätigkeiten oder die Social-Media-Präsenz gesucht. Sei dabei geduldig, da die Mitarbeiter:innen oft im Stress sind.
- Übernimm Verantwortung vor der Anschaffung: Reflektiere ehrlich, ob du die Zeit, die finanziellen Mittel und die nötige Geduld für ein Haustier hast. Setze dich intensiv mit den Bedürfnissen der Tierart auseinander, bevor du eine Entscheidung triffst.
- Lass deine Katze kastrieren: Wenn du eine Freigängerkatze oder einen Kater hast, ist die Kastration ein unverzichtbarer Beitrag, um die unkontrollierte Vermehrung und das Leid von Straßenkatzen zu verhindern.
- Gib Tieren aus dem Tierschutz eine Chance: Lege Vorurteile ab. Auch ältere Tiere, Tiere mit Handicap oder solche mit einer schwierigen Vergangenheit können wundervolle Begleiter sein. Lass dich im Tierheim beraten, welches Tier wirklich zu dir passt.
- Sei präsent für dein Tier: Die gemeinsame Zeit mit deinem Haustier ist wertvoll. Widme ihm deine volle Aufmerksamkeit, besonders bei Spaziergängen, anstatt dich durch dein Smartphone ablenken zu lassen.