Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
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In dieser Episode von „The Petfood Family“ spricht Host Jan Dießner mit dem Schauspieler und Kreativen Brix Schaumburg. Das Gespräch beginnt nachdenklich über die Schwere der aktuellen Weltlage und die erdrückende Präsenz digitaler Medien, wandelt sich dann aber zu einer leichtherzigen und tiefgründigen Erkundung der Beziehung zwischen Mensch und Hund.
Die zentralen Themen sind die Lektionen, die wir von unseren Hunden über pure Lebensfreude, Präsenz im Augenblick und authentische Emotionen lernen können. Die Episode ist besonders relevant für alle Hundebesitzer:innen und Menschen, die sich in einer komplexen Welt nach mehr Leichtigkeit und echten Verbindungen sehnen. Die Leitfrage lautet: Wie können uns Tiere dabei helfen, die Schwere des Alltags loszulassen und wieder Zugang zu unmittelbarer Freude zu finden?
Das Wichtigste auf einen Blick
- Der „Fick-dich-Modus“ als Vorbild: Brix beschreibt den Moment, in dem sein Hund Lolo gedankenverloren und voller Freude im Kreis rennt, als „Fick-dich-Modus“. Diese Fähigkeit, sich einem Gefühl komplett hinzugeben, ohne nachzudenken, ist eine wertvolle Lektion für Menschen.
- Bewusst das Smartphone weglegen: Die Episode kritisiert die ständige Ablenkung durch Smartphones, die uns daran hindert, die Welt und unsere Liebsten - ob Mensch oder Tier - wirklich wahrzunehmen. Ein bewusster Umgang mit digitalen Medien schafft Raum für echte Erlebnisse.
- Vertrauen als Basis der Beziehung: Brix erklärt, dass seine kleine Hündin Wilma ohne Leine ruhiger und entspannter ist. Dies unterstreicht, wie tiefes Vertrauen zwischen Mensch und Hund das Verhalten positiv beeinflussen kann.
- Hunde als Katalysator für Bewegung: Besonders für Familien können Hunde ein entscheidender Grund sein, regelmäßig nach draußen zu gehen und sich zu bewegen, auch wenn die Motivation einmal fehlt.
- Nicht jeder braucht einen eigenen Hund: Brix regt an, dass für viele Menschen das „Ausleihen“ eines Hundes von Freunden oder Nachbarn eine wunderbare Alternative sein kann, um die positiven Aspekte der Mensch-Tier-Beziehung zu erleben, ohne der vollen Verantwortung gerecht werden zu müssen.
- Die Vielschichtigkeit von Tierpersönlichkeiten: Die Episode zeigt anhand der beiden sehr unterschiedlichen Hunde Wilma und Lolo, dass Tiere komplexe, individuelle Charaktere sind, deren Dynamik ein ganzes Familiengefüge prägen kann.
- Kleine Momente der Freude kultivieren: Die zentrale Botschaft ist, dass es oft die kleinen, unbeobachteten Momente purer Freude sind - wie ein Hund, der durch den Schnee tollt -, die das Leben lebenswert machen.
Vom Weltschmerz zur bewussten Wahrnehmung
Zu Beginn des Gesprächs teilt Brix das Gefühl, dass das Leben sich aktuell oft schwer anfühlt. Er beschreibt die Weltlage als eine „schlechte Black Mirror Folge“, aus der man nicht entkommen kann. Als Strategie gegen diese Überforderung nennt er den bewussten Medienkonsum. Statt sich von Mainstream-Medien überwältigen zu lassen, sucht er gezielt nach Inhalten von positiven und konstruktiven Menschen. Gleichzeitig betont er, wie wichtig es ist, sich auf die schönen Dinge im direkten Umfeld zu besinnen – die Familie, die Kinder und die Hunde. Diese fungieren als Anker in einer anderen Wirklichkeit, die von Freude und Unmittelbarkeit geprägt ist. Brix kritisiert die zunehmende Tendenz, die Welt nur noch durch den Bildschirm des Smartphones zu betrachten, und erinnert an ein Gedicht, das er bereits 2015 über eine „nach unten schauende Welt“ schrieb.
Die Kunst des Augenblicks: Lektionen von Hund Lolo
Der Wendepunkt des Gesprächs ist die Beschreibung von Brix‘ Hund Lolo, einem Lurcher (Whippet-Terrier-Mix). Brix erklärt, das Größte, was er von seinen Hunden gelernt habe, sei, das Gehirn auszuschalten. Lolo hat einen speziellen Zustand, den Brix liebevoll den „Fick-dich-Modus“ nennt: Mit einem abgeknickten Ohr und einem Stock im Maul rennt der Hund zehn Minuten lang sinnentleert und überglücklich im Kreis. In diesem Moment ist er nicht ansprechbar und existiert nur für seine eigene Freude.
Jan Dießner erkennt dieses Verhalten bei seinem eigenen Working Cocker wieder. Beide sind sich einig, dass dieser Zustand purer, unreflektierter Freude eine bewundernswerte Eigenschaft ist. Anstatt zu versuchen, den Hund aus diesem Moment herauszuholen, haben sie gelernt, ihn zu respektieren und als Inspiration zu sehen. Für Brix ist die einzige funktionierende Methode, Lolo im Notfall zu sich zu rufen, nicht auf ihn zuzulaufen, sondern selbst wegzurennen, da Lolos Bindung an ihn stärker ist als jede Ablenkung.
Ein ungleiches Rudel: Die Dynamik zwischen Wilma, Lolo und der Familie
Brix‘ Familie umfasst zwei sehr unterschiedliche Hunde. Wilma, eine zwei Kilogramm leichte Hündin, wurde als sechs Wochen alter Welpe auf Teneriffa gefunden. Sie ist eine „Boss Bitch“, sehr menschenbezogen, nicht an anderen Hunden interessiert und verhält sich oft wie eine Katze. Sie hat sich stark an Brix‘ Frau Alina gebunden, die Brix ebenfalls als „Self-Claimed Boss Bitch“ beschreibt - eine Frau, die weiß, was sie will, und ihn ermutigt, für sich selbst einzustehen.
Lolo kam später dazu, weil Brix sich einen „echten Hund“ wünschte, mit dem man über Felder rennen kann. Lolo ist ein „People Pleaser“, der alles richtig machen will und Wilmas Dominanz vollkommen akzeptiert. Anfangs hasste Wilma ihn, doch inzwischen sind sie ein eingespieltes Team. Die Hunde spiegeln laut Brix auf humorvolle Weise die Dynamik zwischen ihm und seiner Frau wider und haben sich nahtlos in das Familienleben integriert.
Hunde im Familienalltag: Erziehung, Verantwortung und prägende Erlebnisse
Das Leben mit zwei Hunden und einem Kind beschreibt Brix als eine „wilde Kombi“, die aber mit Organisation und Vertrauen gut funktioniert. Ein „Game-Changer“ sei es gewesen, das Kind in einer Trage zu haben, um die Hände für die Hunde freizuhaben. Er betont, wie unkompliziert beide Hunde stubenrein wurden, fast so, als hätten sie es instinktiv gewusst. Wilma lernte sofort, auf eine Zeitung und später in eine Sandkiste in der Wohnung zu machen.
Brix erzählt auch von seinem ersten Hund, Harley, den sein Vater als Kind spontan mit nach Hause brachte, um eine schwere Familienzeit zu überbrücken. Diese Erfahrung hat ihn nachhaltig geprägt und ihm gezeigt, wie wichtig ein Tier im Haushalt sein kann. Heute schließt sich der Kreis, da seine Mutter, die anfangs skeptisch war, nun regelmäßig auf Wilma und Lolo aufpasst, wenn die Familie verreist.
Praktische Schritte für mehr Lebensfreude im Alltag
Basierend auf den Lektionen seiner Hunde extrahiert Brix konkrete Anregungen, um mehr Freude und Präsenz in den Alltag zu integrieren:
- Praktiziere den „Lolo-Fick-dich-Move“: Nimm dir bewusst jeden Tag fünf Minuten Zeit für einen Moment purer, ungefilterter Freude. Schalte den Kopf aus, lass los und tu etwas, das dir einfach nur Spaß macht, ohne es zu analysieren oder zu bewerten – sei es tanzen, rennen oder laut singen.
- Schaffe handyfreie Zonen und Zeiten: Lege das Smartphone bewusst weg, wenn du mit deiner Familie, deinen Freunden oder deinen Haustieren zusammen bist. Beobachte deine Umgebung, nimm deine Gefühle wahr und sei vollständig im Moment präsent.
- Finde deinen „Matchhund“: Wenn du die Gesellschaft eines Hundes genießen möchtest, dein Lebensstil aber keine Vollzeit-Haltung zulässt, suche nach einer Alternative. Biete dich als Hundesitter an oder frage Freunde, ob du ihren Hund für Spaziergänge „ausleihen“ darfst. Eine solche Beziehung kann für Mensch und Tier bereichernd sein.
- Beobachte die Unbefangenheit: Nimm dir Zeit, Menschen oder Tiere in Momenten zu beobachten, in denen sie sich unbeobachtet fühlen – zum Beispiel ein Elternteil, das mit seinem Kind spielt. Laut Brix ist der Mensch in solchen Momenten am freiesten und authentischsten.