Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
Mehr über das Projekt Petcaster
In dieser Episode des Podcasts "Sitz! Platz! Bleibt!" bereiten die Hosts Nicole Borowy und Sami El Ayachi ihre Hörerinnen und Hörer auf die besonderen Herausforderungen der Weihnachtszeit und des Jahreswechsels vor. Sie beleuchten die veränderten Alltagsroutinen, soziale Stressfaktoren bei Familienfesten und vor allem die oft angstbesetzte Silvesternacht.
Im Zentrum steht die Frage, wie du als Hundehalter:in deinem Tier in dieser intensiven Zeit Sicherheit, Geborgenheit und Struktur bieten kannst. Die Episode richtet sich an alle, die die Feiertage für sich und ihren Hund so stressfrei und sicher wie möglich gestalten wollen, und bietet eine Mischung aus praktischem Management, Sicherheitsvorkehrungen und emotionaler Unterstützung.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Management bei Familienfesten: Kläre im Voraus ab, ob dein Hund willkommen ist. Richte ihm einen ruhigen, geschützten Rückzugsort ein, an dem er nicht gestört wird, und kommuniziere die Regeln klar an alle Gäste.
- Sicherheit geht vor: Achte darauf, dass für Hunde giftige oder gefährliche Dinge wie Schokolade, Xylit-haltige Süßigkeiten, brennende Kerzen oder ungesicherte Weihnachtsbäume außer Reichweite sind.
- Sicherung auf Spaziergängen: Führe deinen Hund in den Tagen um Silvester nur noch an einem gut sitzenden Geschirr oder mit doppelter Sicherung (Halsband und Geschirr). Die Gefahr, dass er durch einen unerwarteten Knall in Panik flieht, ist extrem hoch.
- Sei der sichere Hafen: Dein Hund braucht in Stresssituationen deine präsente und ruhige Unterstützung. Biete ihm körperliche Nähe und Halt, ohne ihn zu bemitleiden. Deine Souveränität ist seine größte Sicherheit.
- Die "Klopfen"-Technik: Sami stellt eine Methode vor, bei der durch sanftes Klopfen auf bestimmte Körperstellen des Hundes das Nervensystem beruhigt werden kann. Dies kann eine wirksame, nebenwirkungsfreie Unterstützung bei Angst sein.
- Die Silvesternacht managen: Halte deinen Hund im Haus. Schließe Fenster und Rollläden, um Lärm und Lichtblitze zu dämpfen, und spiele Musik oder Radio, um die Geräuschkulisse zu überlagern.
- Unterstützende Mittel mit Bedacht wählen: Während eine kleine Dosis Eierlikör manchen Hunden helfen kann, zu entspannen, ist bei Psychopharmaka Vorsicht geboten. Kläre den Einsatz solcher Medikamente unbedingt mit einem versierten Tierarzt ab.
Weihnachten mit Hund: Zwischen Trubel und Geborgenheit
Die Weihnachtsfeiertage verändern den gewohnten Alltag grundlegend. Sami weist darauf hin, dass die ständige Anwesenheit der Familie für viele Hunde eine große Umstellung bedeutet. Der übliche Rhythmus aus Alleinsein und gemeinsamer Zeit wird durchbrochen. Hinzu kommt der Stress der Vorbereitungen, den Hunde sensibel wahrnehmen - vom hektischen Putzen bis zur allgemeinen Aufregung.
Für Familienfeiern gibt Sami den Rat, die Situation realistisch einzuschätzen. Kann mein Hund mit vielen Menschen und möglicherweise anderen Hunden umgehen oder wäre er zu Hause besser aufgehoben? Wenn der Hund mitkommt, ist es entscheidend, ihm einen sicheren Rückzugsort zuzuweisen, etwa eine Decke in einer ruhigen Ecke. Dieser Platz sollte für alle, insbesondere für Kinder und hundefremde Gäste, tabu sein. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, den Hund anzuleinen oder sogar an einen Maulkorb zu gewöhnen, um Sicherheit für alle zu gewährleisten. Nicole betont, wie wichtig die Kommunikation im Vorfeld ist, um Missverständnisse zu vermeiden - manchmal sind die Gastgeber enttäuscht, wenn der Hund nicht dabei ist.
Sicherheitsrisiken während der Feiertage
Die festliche Umgebung birgt einige Gefahren. Nicole warnt eindringlich vor Schokolade, die für Hunde lebensgefährlich sein kann und niemals offen herumliegen sollte. Sami ergänzt diese Warnung um zwei weitere Risiken: Adventskränze mit echten Kerzen auf niedrigen Tischen können durch eine wedelnde Rute schnell zur Brandgefahr werden. Ebenso gefährlich sind Weihnachtsbäume, die umkippen oder deren Lichterketten angeknabbert werden könnten. Er empfiehlt, die Stromversorgung zu unterbrechen, wenn der Hund unbeaufsichtigt ist. Auch heruntergefallene Süßigkeiten, insbesondere Kaugummis mit dem Süßstoff Xylit, sind hochgiftig.
Die Herausforderung Silvester: Mehr als nur Lärm
Die Tage um den Jahreswechsel sind für viele Hunde und ihre Halter die stressigste Zeit des Jahres. Sami erklärt, dass das Problem weit über die Lautstärke hinausgeht. Es ist die Kombination aus unvorhersehbaren, lauten Knallgeräuschen, zischenden Raketen, intensiven Gerüchen und Lichteffekten, die eine massive Bedrohung darstellt. Er betont, dass diese Reizüberflutung nicht nur Haus- und Wildtiere in Panik versetzt, sondern auch für Menschen belastend ist.
Nicole teilt ihre persönliche Erfahrung mit ihrem Jagdhund Carlo. Obwohl er schussfest ausgebildet ist, wird seine Angst vor dem Silvesterfeuerwerk von Jahr zu Jahr schlimmer. Dies illustriert, dass die unkontrollierte und unvorhersehbare Natur der Knallerei etwas völlig anderes ist als ein Schuss in einem kontrollierten Jagd-Setting. Die Sensibilität kann im Alter zunehmen, ohne dass es ein spezifisches traumatisches Ereignis gab.
Unterstützung bei Silvesterangst: Management und emotionale Stabilität
Um den Hund sicher durch die Silvesternacht zu bringen, ist vor allem der Mensch gefragt. Sami rät, dem Hund durch körperliche Nähe, Geborgenheit und Sicherheit Halt zu geben. Anstatt den Hund sich in einen Keller zurückziehen zu lassen, plädiert er dafür, ihn bei sich zu behalten, ihn notfalls sogar im Haus an die Leine zu nehmen, um ihn zu stabilisieren. Wichtig sei dabei eine haltgebende und nicht mitleidige Haltung.
Nicole berichtet von ihrem (in Fachkreisen umstrittenen) positiven Versuch mit Eierlikör im letzten Jahr, der ihrem Hund Carlo geholfen hat, bis kurz vor Mitternacht entspannt zu schlafen. Beide Hosts warnen jedoch bei der Gabe von Psychopharmaka zur Vorsicht. Es müsse sichergestellt sein, dass das Medikament angstlösend wirkt und den Hund nicht nur körperlich ruhigstellt, während er die Panik bei vollem Bewusstsein durchleidet. Eine Absprache mit dem Tierarzt ist hier unerlässlich.
Innovative Ansätze: Die Kraft der Berührung durch „Klopfen“
Als eine konkrete, nebenwirkungsfreie Methode stellt Sami das „Klopfen“ vor, eine Technik, die er aus der humanpsychologischen Traumatherapie (nach Dr. Michael Bohne) für Hunde adaptiert hat. Dabei werden bestimmte Akupressurpunkte am Körper des Hundes sanft beklopft. Ziel ist es, dem Hund zu helfen, sich im Hier und Jetzt zu verankern und sein Nervensystem zu beruhigen.
Sami teilt die beeindruckende Rückmeldung einer Therapeutin aus dem Umfeld von Dr. Bohne: Ihr Hund, der panische Angst vor Gewitter und Silvester hatte, konnte durch das Klopfen so weit entspannen, dass er während eines Gewitters neben ihr einschlief. An Silvester sucht der Hund nun aktiv ihre Nähe, lässt sich klopfen und kommt zur Ruhe. Ergänzend erwähnt Nicole sogenannte „Thunder Shirts“, eng anliegende Bodys, die durch sanften, konstanten Druck ebenfalls eine beruhigende und haltgebende Wirkung haben können.
Praktische Schritte für die Feiertage
- Familienbesuche vorbereiten: Sprich im Voraus mit den Gastgebern. Definiere einen festen, ruhigen Liegeplatz für deinen Hund und sorge dafür, dass dieser respektiert wird.
- Gefahrenquellen beseitigen: Lagere Schokolade, Süßigkeiten und Reste vom Festessen hundesicher. Lass brennende Kerzen nie unbeaufsichtigt und sichere den Weihnachtsbaum.
- Spaziergänge anpassen: Gehe in den Tagen um Silvester nur noch an gut gesicherter Leine und Geschirr spazieren. Wähle ruhigere Zeiten und Orte und halte die Runden kurz.
- Die Umgebung in der Silvesternacht gestalten: Bleib mit deinem Hund zu Hause. Schließe Fenster, Rollläden oder Vorhänge. Schalte Radio oder Fernseher ein, um die Außengeräusche zu übertönen.
- Emotionalen Halt geben: Sei für deinen Hund da. Biete ihm deine ruhige, souveräne Präsenz und körperliche Nähe an, wenn er sie sucht.
- Beruhigende Methoden testen: Probiere Techniken wie das von Sami beschriebene „Klopfen“ oder ein Thunder Shirt bereits in den Tagen vor Silvester in einer entspannten Atmosphäre aus.
- Unterstützende Mittel abwägen: Wenn du über Hilfsmittel wie Eierlikör oder Medikamente nachdenkst, informiere dich genau über die Dosierung und Wirkung und ziehe im Zweifelsfall immer einen Tierarzt zu Rate.