Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
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In dieser Episode des Podcasts "The Petfood Family" spricht Host Jan Dießner mit der Moderatorin Lisa Kestel. Lisa ist nicht nur aus den Medien bekannt, sondern auch eine leidenschaftliche Tierschützerin, die auf ihrem Hof einer wachsenden Zahl von geretteten Tieren ein Zuhause gibt – von Hunden und Pferden bis hin zu Hühnern und Laufenten.
Das Gespräch liefert einen tiefen und ungeschönten Einblick in die Realität des privaten Tierschutzes. Es geht um die persönliche Motivation, die tägliche Arbeit, die emotionalen Grenzerfahrungen und die ethische Verantwortung, die mit der Haltung von Tieren einhergeht. Die Episode ist relevant für alle Tierhalter und Tierschutzinteressierte, die verstehen wollen, was es wirklich bedeutet, die Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen – in guten wie in schlechten Zeiten.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Tiere gehen vor: Für Lisa Kestel ist es eine klare Priorität, die Bedürfnisse ihrer Tiere über berufliche und private Termine zu stellen. Ein Tier in Not kann nicht warten.
- Ein wachsender Gnadenhof: Lisas Tierfamilie ist organisch gewachsen. Fast jedes Tier kam aus einer Notsituation zu ihr - oft übersehen, krank oder "unbrauchbar", wie ein einäugiges Mini-Shetty aus dem Tierheim.
- Verantwortung bis zum Schluss: Echter Tierschutz bedeutet, auch die schwere Entscheidung zu treffen, ein Tier von Leid zu erlösen. Eine traumatische Erfahrung mit dem Tod ihres Pferdes hat sie gelehrt, dass ein rechtzeitiger Abschied ein letzter Akt der Liebe sein kann.
- Tierschutz ist harte Arbeit: Entgegen romantischer Vorstellungen besteht der Alltag im Tierschutz laut Lisa hauptsächlich aus Putzen, Bauen, Reparieren und Organisieren.
- Tieren ein Gesicht geben: Lisa nutzt ihre Reichweite, um die Geschichten ihrer Tiere, wie die des geretteten Huhns Uschi, zu erzählen. So schafft sie eine emotionale Verbindung und regt zum Nachdenken über den Umgang mit sogenannten Nutztieren an.
- Kommunikation statt Konfrontation: Trotz ihrer klaren Haltung zur industriellen Landwirtschaft plädiert Lisa für Dialog. Sie ist überzeugt, dass man Menschen eher durch Aufklärung und Empathie erreicht als durch Verurteilung.
- Lektionen von Tieren: Geduld, klare Kommunikation und die Fähigkeit, sich auf die Perspektive eines anderen Lebewesens einzulassen, sind für Lisa die wertvollsten Lektionen, die sie von ihren Tieren gelernt hat.
Der Weg zum privaten Gnadenhof: Wie Lisas Tierfamilie wuchs
Lisa beschreibt, wie ihr Zuhause schrittweise zu einem Zufluchtsort für Tiere in Not wurde. Angefangen hat es mit ihrem Dackel und einem Pferd. Durch die gemeinsame Tierliebe mit ihrem Mann kamen schnell weitere Tiere hinzu. Ein zweites Pferd wurde aus einer Notsituation aufgenommen, weil ihr Mann darauf bestand. Später entdeckten sie im Tierheim ein einäugiges Mini-Shetty, das niemand wollte, und bauten ihm einen Offenstall im Garten – und weil man Ponys nicht allein hält, zog gleich ein zweites dazu.
Über den Kontakt zu Babette von der Tierschutzorganisation "Notpfote" intensivierte sich ihr Engagement, insbesondere für Geflügel. Ein aus einem Legehennenbetrieb entlaufenes Huhn war der Auslöser. Da Hühner nicht allein gehalten werden sollten, holte sie weitere gerettete Hennen dazu. Lisa erklärt, dass man, einmal in diesem Netzwerk, ständig mit neuen Notfällen konfrontiert wird - von Enten aus der Nachbarschaft bis hin zu Anfragen für Esel oder sogar 80 Schafe. Ihre Motivation beschreibt sie als eine Mischung aus tiefer Tierliebe und einem ausgeprägten "Helfersyndrom": Sobald sie ein Tier in Not sieht, fühlt sie sich verpflichtet zu handeln.
Die Verantwortung für Leben und Tod: Realismus im Tierschutz
Ein zentraler und sehr emotionaler Teil des Gesprächs ist Lisas Auseinandersetzung mit dem Tod. Sie erzählt von dem traumatischen Unfall ihres Pferdes, das sie seit ihrem 18. Lebensjahr begleitet hatte. Das Pferd stürzte und erlebte einen 40-minütigen Todeskampf, während Lisa verzweifelt, aber erfolglos versuchte, tierärztliche Hilfe für eine Erlösung zu organisieren. Sie schildert, wie das Tier auf ihrem Schoß starb und sie sich hilflos fühlte.
Diese Erfahrung prägt bis heute ihren Umgang mit kranken und alten Tieren. Sie betont, dass sie diesen Moment, in dem Hilfe nötig gewesen wäre, nie wieder verpassen möchte. Ihr Leitsatz lautet: "Lieber jetzt, lieber schnell als gar nicht oder zu spät." Diesen Grundsatz wendet sie konsequent an, etwa bei einem schwer kranken Huhn, das sie nach einigen Tagen Behandlung einschläfern ließ, obwohl sie im Nachhinein überlegte, ob diese Entscheidung nicht früher hätte fallen müssen. Auch bei ihrem alten, kranken Hund Guffi haben sie und ihr Mann sich bewusst gegen potenziell lebensverlängernde, aber belastende Operationen entschieden, um ihm Lebensqualität statt Leid zu ermöglichen. Für sie ist klar, dass man als Halter die Verantwortung trägt, ein Tier nicht aus eigenem Egoismus länger leiden zu lassen.
Die ungeschönte Realität: Arbeit statt Romantik
Jan und Lisa sind sich einig, dass Tierschutz oft romantisiert wird. Lisa stellt klar, dass die Realität anders aussieht: "Tierschutz heißt die meiste Zeit eigentlich sauber machen, irgendwas bauen und dann wieder sauber machen." Als Beispiel nennt sie die Reinigung des Ententeichs, eine der unangenehmsten Aufgaben auf ihrem Hof.
Sie beschreibt einen typischen Kreislauf im privaten Tierschutz: Man nimmt erste Tiere auf, baut eine provisorische Unterkunft, erkennt, dass diese nicht artgerecht genug ist, und baut eine bessere, größere Anlage. Mit dem neuen Platz entsteht die Möglichkeit, weitere Tiere aufzunehmen, woraufhin die Anlage wieder zu klein wird und der Zyklus von Neuem beginnt. Trotz der enormen Arbeit betont Lisa, dass diese Aufgaben für sie keine Belastung sind. Die Zeit in den Ställen und bei den Tieren ist es, die ihre "Akkus wieder auflädt". Sie empfindet es als Bedürfnis, die Ställe täglich zu reinigen und ihren Tieren ein frisches, selbst zubereitetes Frühstück zu machen.
Blick über den Tellerrand: Von Hühnern, Landwirtschaft und Empathie
Das Gespräch weitet sich vom Haustier- und Gnadenhof-Tierschutz auf die industrielle Landwirtschaft aus. Lisa erklärt, dass die Unterscheidung zwischen Haus- und Nutztieren für sie keine Rolle spielt. Sie versucht, durch ihre Social-Media-Arbeit den Tieren ein Gesicht und eine Persönlichkeit zu geben - wie ihrem Huhn "Uschi", das aus der Massentierhaltung gerettet wurde. Sie ist überzeugt, dass niemand ein Ei von einer "eingesperrten Uschi" essen wollen würde, wenn man das Individuum dahinter kennenlernt.
Gleichzeitig kritisiert sie die "Betriebsblindheit" in Teilen der Landwirtschaft. Viele Landwirte würden aufrichtig glauben, ihre Tiere zu lieben, während die Haltungsbedingungen objektiv betrachtet nichts mit Tierwohl zu tun haben. Anstatt diese Landwirte pauschal zu verurteilen, plädiert Lisa für mehr Dialog und Aufklärung. Sie glaubt fest daran, dass man mehr erreicht, indem man Verständnis zeigt und versucht, Brücken zu bauen, anstatt Fronten zu verhärten. Überraschenderweise, so sagt sie, hat ihr tiefes Engagement im Tierschutz sie nicht menschenfeindlicher, sondern verständnisvoller gemacht.
Wichtige Lehren für Tierhalter und Tierschützer
- Setze klare Prioritäten: Lerne, wie Lisa, die Bedürfnisse deiner Tiere konsequent an die erste Stelle zu setzen. Ein Tier in Not kann nicht warten, fast alles andere schon.
- Bleibe realistisch: Akzeptiere, dass zum Tierschutz auch die schwere Entscheidung gehört, ein Tier von unheilbarem Leid zu erlösen. Es ist ein Akt der Liebe, den richtigen Moment nicht aus Egoismus zu verpassen.
- Erkenne die Arbeit an: Sei dir bewusst, dass artgerechte Tierhaltung vor allem aus konsequenter, täglicher Arbeit besteht: reinigen, instand halten und optimieren. Romantisiere die Aufgabe nicht.
- Sieh die Individuen: Gib Tieren, auch sogenannten Nutztieren, eine Persönlichkeit. Indem du ihre Geschichten teilst, kannst du das Bewusstsein und die Empathie bei anderen Menschen fördern.
- Führe Dialog statt Konfrontation: Versuche, auch mit Menschen ins Gespräch zu kommen, deren Umgang mit Tieren du nicht teilst. Ein verständnisvoller, aufklärender Ansatz erreicht oft mehr als direkte Anfeindung.
- Optimiere die Haltung kontinuierlich: Betrachte die Haltungsbedingungen deiner Tiere niemals als "fertig". Wie Lisa, die ständig an Ställen, Teichen und Gehegen plant und baut, solltest du immer nach Wegen zur Verbesserung suchen.