Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
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In dieser Episode von The Petfood Family spricht Moderator Jan Dießner mit der Hunde-Physiotherapeutin und Hundesportlerin Mirjam Knauer, bekannt aus Top Dog Germany. Mirjam gibt tiefe Einblicke in ihre Arbeit, ihre Philosophie im Umgang mit Hunden und ihre Leidenschaft für den Hundesport. Sie erklärt, wie wichtig es ist, den eigenen Hund genau zu beobachten, um körperliche Probleme frühzeitig zu erkennen und eine echte Partnerschaft aufzubauen.
Die Episode richtet sich an alle Hundebesitzer, insbesondere an jene im Hundesport, die lernen möchten, die subtilen Signale ihres Hundes besser zu deuten. Die zentrale Frage ist, wie man durch aufmerksame Beobachtung und ein tiefes Verständnis für die Individualität des Hundes dessen Gesundheit und Wohlbefinden nachhaltig fördern kann.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Beobachtung als Schlüssel: Lerne die normalen Bewegungs- und Verhaltensmuster deines Hundes im Alltag kennen. Abweichungen von dieser Norm sind oft die ersten Anzeichen für körperliche Probleme.
- "Trieb macht dumm": Hunde, besonders im Hundesport, neigen dazu, Schmerzen oder Unwohlsein im Eifer des Gefechts zu ignorieren. Verlasse dich nicht allein darauf, dass dein Hund im Training "normal" wirkt.
- Kleine Routine-Checks: Lasse deinen Hund mehrmals hintereinander sitzen, liegen und stehen. Achte darauf, ob er Bewegungen meidet, immer auf eine Seite kippt oder eine Schonhaltung einnimmt.
- Ehrlichkeit für das Tierwohl: Das Wohl des Hundes steht an erster Stelle. Das bedeutet auch, ehrlich zu sein, wenn ein Hund über- oder untergewichtig ist, und konsequent an Lösungen zu arbeiten.
- Intrinsische Motivation finden: Der Hundesport sollte beiden Partnern Freude bereiten. Finde heraus, welche Aktivität dein Hund von sich aus liebt, anstatt ihn in ein Hobby zu zwingen, das nur dir gefällt.
- Partnerschaft bedeutet Teamarbeit: In anspruchsvollen Sportarten wie dem Zughundesport ist die körperliche Leistung des Menschen genauso entscheidend wie die des Hundes. Es ist ein echter Teamsport auf Augenhöhe.
- Was wir von Hunden lernen können: Hunde leben im Moment und geben jeder Situation eine neue Chance. Sie vergeben schnell und zeigen, wie man aus jeder Lage das Beste machen kann.
Die Arbeit als Hunde-Physiotherapeutin
Mirjam ist ausgebildete Human- und Hunde-Physiotherapeutin und hat sich auf die Betreuung von Sporthunden spezialisiert. Sie vergleicht ihre Arbeit mit der Betreuung von Profisportlern beim Menschen. Ihre Aufgabe umfasst die Rehabilitation nach Verletzungen, aber vor allem die präventive Betreuung, das Erstellen individueller Trainingspläne und die Begleitung auf Wettkämpfen wie Deutschen Meisterschaften und Weltmeisterschaften.
Ein zentrales Prinzip ihrer Arbeit ist die Individualität. Mirjam betont, dass kein Hund dem anderen gleicht, selbst wenn sie die gleiche Rasse, Größe und das gleiche Gewicht haben. Faktoren wie die Winkelung der Gelenke, die Rückenlänge oder die Form des Brustkorbs erfordern einen maßgeschneiderten Trainings- und Behandlungsansatz. Ihr fachliches Auge sei, wie sie sagt, niemals „ausgeschaltet“ - sie analysiert unbewusst die Bewegungsmuster von Hunden, die ihr auf der Straße oder bei Veranstaltungen begegnen.
Das Gangbild als Spiegel der Gesundheit
Laut Mirjam verrät die Art, wie sich ein Hund bewegt, viel über seinen Gesundheitszustand. Oft sind es subtile Veränderungen, die auf beginnende Probleme hinweisen, lange bevor ein Hund offensichtlich lahmt oder Schmerz zeigt. Dazu gehören Schonhaltungen, das leichte Entlasten einer Pfote oder ein unrundes Laufen nach dem Aufstehen.
Sie erklärt den Dominoeffekt: Eine unbehandelte Verspannung kann zu einer Muskelverkürzung führen, die wiederum die Beweglichkeit eines Gelenks einschränkt. Dies zwingt den Hund, sein Gewicht zu verlagern, was zu einer Überlastung anderer Körperteile und schließlich zu weiteren Problemen führt. Mirjam warnt davor, sich vom hohen Trieb eines Hundes täuschen zu lassen. Ihr Leitsatz „Trieb macht dumm“ besagt, dass Hunde im Training oder Spiel Schmerzen oft ausblenden und trotzdem Leistung zeigen. Deshalb sei es die Verantwortung des Halters, sensibel für kleinste Anzeichen zu sein.
Mirjams Weg zum Hundesport
Mirjams Leidenschaft für Hunde begann früh. Ihr erster Hund, ein Schäferhund-Husky-Mix aus dem Tierschutz, der sich als ehemaliger Kampfhund herausstellte, brachte sie erstmals auf den Hundeplatz. Es folgte ein Rottweiler, mit dem sie in den IGP-Sport (früher Schutzdienst) einstieg. Auf dem Hundeplatz entdeckte sie schließlich ihre Faszination für den Belgischen Schäferhund (Malinois).
Heute ist sie in mehreren Disziplinen aktiv:
- Zughundesport (Bikejöring): Für Mirjam ist dies die ultimative Teamarbeit, da der Erfolg von der körperlichen Leistung von Mensch und Hund gleichermaßen abhängt. Sie beschreibt es als eine Mischung aus Freiheit, Adrenalin und echter Partnerschaft.
- Dog Diving: Ein saisonaler Wassersport, bei dem Hunde von einer Plattform ins Wasser springen.
- Agility: Diesen Sport betreibt sie vor allem mit ihrer Malinois-Hündin, die eine außergewöhnliche Begeisterung dafür zeigt.
Mirjam betont, wie wichtig es ist, für jeden ihrer fünf Hunde die passende Beschäftigung zu finden, die den individuellen Vorlieben und Fähigkeiten des Tieres entspricht.
Philosophie: Das Wohl des Hundes an erster Stelle
Mirjam beschreibt sich selbst als eine Person, die ihr Herz auf der Zunge trägt und bei der das Tier immer an erster Stelle steht. Diese Haltung prägt sowohl ihre Arbeit als auch ihr Privatleben. Sie ist direkt und ehrlich, wenn es um das Wohl eines Hundes geht - sei es bei Übergewicht oder bei der Wahl der richtigen Sportart. Gleichzeitig bietet sie immer lösungsorientierte Unterstützung an.
Ihre Grundüberzeugung ist, dass eine Aktivität mit dem Hund nur dann sinnvoll ist, wenn beide Seiten Freude daran haben. Sie würde einen Hund niemals in einen Sport zwingen, der ihm nicht liegt. Von sich selbst verlangt sie dabei oft mehr als von ihren Hunden. Besonders im Zughundesport sieht sie es als ihre Pflicht, körperlich fit zu sein, um ihren Hunden eine ebenbürtige Partnerin zu sein. Von ihren Hunden habe sie gelernt, jeden Tag als neue Chance zu sehen und auch nach Rückschlägen positiv nach vorne zu blicken.
Praktische Schritte zur besseren Beobachtung deines Hundes
- Eine Basislinie schaffen: Beobachte deinen Hund täglich im entspannten Zustand. Wie läuft, steht und sitzt er normalerweise? Wie bewegt er sich? Dieses Wissen hilft dir, Abweichungen sofort zu erkennen.
- Regelmäßige Mini-Checks: Fordere deinen Hund auf, sich drei- bis viermal hintereinander hinzusetzen oder hinzulegen. Wiederholt er dabei ein auffälliges Muster, wie das Kippen zu einer Seite oder das Entlasten eines Beins, kann das ein Hinweis sein.
- Aufstehen und Hinlegen analysieren: Achte genau darauf, wie dein Hund vom Liegen ins Stehen kommt oder sich ablegt. Bewegungen, die zögerlich oder ungelenk wirken, können auf Schmerzen oder Steifheit hindeuten.
- Den Hund als Individuum sehen: Finde heraus, welche Aktivitäten deinem Hund von Natur aus Freude bereiten. Ein Hund, der intrinsisch motiviert ist, wird mit mehr Begeisterung und weniger Stress an Aufgaben herangehen.